Eine kurze Einführungsgeschichte über Glaube und Geld…

Zwei alte Freunde haben sich in einer kleinen Bar in der Schweiz zu einem kleinen Abendtrunk verabredet. Sie kennen sich seit ihrem gemeinsamen Abitur und haben sich schon seit sieben Jahren, nicht mehr gesehen.

Beide sind erfreut einander wiederzusehen und fallen sich herzlichst in die Arme. Henry hat nach dem Abitur eine Lehre als Bankkaufmann abgeschlossen, danach Betriebswirtschaft studiert und ist bei einem größeren Versicherungs- und Bankhaus im Management beschäftigt. David dagegen hat Religionswissenschaft, Philosophie, Mathematik, Sprachwissenschaften und Physik studiert, jedoch alle Studiengänge nach dem zweiten oder dritten Semester wieder abgebrochen und beschlossen zu Hause auf eigene Faust zu studieren. Er hat viele Reisen zu den entferntesten Orten gemacht und mit den verschiedensten Leuten gesprochen, war immer ein guter Schüler und wissbegierig zu erfahren und zu verstehen, nach welchen Mustern, Gesetzen und Regeln die Schöpfung funktioniert. Nicht nur die Regeln der Materie, sondern vor allem auch die Regeln und Gesetze des Geistes interessierten ihn sehr.

Nach der Begrüßung und dem Bestellen der Getränke beginnt das nun folgende Gespräch zwischen den ehemals gleichen Freunden.

(Stellen Sie sich vor, Sie sitzen als unsichtbarer Dritter mit am Tisch und hören jetzt aufmerksam dieses Gespräch mit!)

„Sag mal David, was willst du eigentlich mit deinem Studium erreichen?“

„Ich will eigentlich nur verstehen, wie die Schöpfung funktioniert. Ich habe keine Ziele, auf die ich hinarbeite.“ „Aber von irgendwas musst du doch leben können, wenn du mal älter bist.“ „Ich lebe eigentlich ganz gut. Schon seit ich mit meinen eigenen Reisen und Studien begonnen habe, fehlte es mir an nichts. Es war und ist immer alles im Überfluss vorhanden.“ „Aber wer zahlt denn die Reisen und deine Verpflegung? Woher kommt denn das Geld für all deine Bücher und Kleidung?“ „Das ergibt sich so. Entweder werde ich eingeladen oder ich bekomme eine Gelegenheit mir etwas zu verdienen. Meist ist aber irgendein „Wunder“ im Spiel. Es geschieht etwas, womit keiner gerechnet hat.“ „Du versuchst mir auszuweichen. Kein Mensch kann ohne Geld existieren, zumindest nicht menschenwürdig leben. Geld regiert nun mal die Welt, da kommt keiner vorbei und jeder der es versucht, wird irgendwann auf der Straße landen und von der Sozialhilfe, das heißt auf Kosten der Gesellschaft, leben. Und solche Schmarotzer sind mir wirklich zu wider! Zu faul eigenes Geld zu verdienen und dafür bei anderen zu saugen, wie die Zecke am Hals. Nein, so was verabscheue ich zutiefst.“ Henry verzog eine so verachtenswürdige Mine, dass jeder, nur allein beim Gedanken an Sozialhilfe, sich schämen musste.„Ich kann dich beruhigen“, sagt David, „Ich lebe nicht von Sozialhilfe. Du kannst also ruhig mit mir weiterreden!“ „Na ja, das hätte ich von dir auch nicht erwartet.“ Henry lächelte und nahm einen Schluck aus seinem Rotweinglas.

„Sag mal David“, bohrt Henry weiter, „kann man denn bei all deinen Studien überhaupt noch Realist bleiben?“ „Wie meist du das?“, fragt David. „Nun ja, ich meine, bei all deinen geistigen Spinnereien, … ich meine Ansichten, kann man da noch auf dem Boden der Tatsachen bleiben? Ich meine, ob man da nicht sehr schnell abhebt, bei dieser „nach Gott Suche“ und so? Glaubst du denn an Gott, ich meine so richtig?“ Henry verzog wieder das Gesicht, nur diesmal eher etwas mitleidig.

„Was soll ich dir sagen, Henry. Es wird schwierig für mich dir meinen Standpunkt zu vermitteln, der auf all meinen Erfahrungen und all meinem Wissen beruht, aber trotzdem will ich es versuchen. Weißt du, was „Polarität“ ist?“ „Äh na ja, … schon irgendwie. Das bedeutet doch, dass es immer zwei Möglichkeiten gibt, also immer zwei Seiten einer Medaille, oder?“ „Ja, so ähnlich. Eine Polarität zeichnet sich dadurch aus, dass die eine Seite immer mit der anderen untrennbar, gleichzeitig auftreten muss, obwohl sie sich eigentlich vom Grunde her beide widersprechen. Du kannst aber immer nur eine Seite wahrnehmen, während die andere Seite parallel verborgen ist. Wenn du „Krieg“ in deinem Bewusstsein hast, dann ist der „Frieden“ die Gegenseite, die unsichtbar im Hintergrund den Kontrast bildet. Ohne einen Kontrast oder Unterschied kannst du nichts wahrnehmen. Alles, was du wahrnimmst ist letztendlich polar aufgebaut. Jede Farbe hat ihre Komplementärfarbe und erst im Hintergrund von der einen kannst du die anderen sehen. Du kannst das Prinzip noch schön beim Photographieren mit einem Photofilm sehen. Es gibt immer ein Dianegativ und ein Diapositiv, die zusammen reines, weißes, unsichtbares Licht ergeben. Zu „links“ gehört „rechts“, zu „warm“ gehört „kalt“, zu „hell“ gehört „dunkel“ und zu der „Stille“ gehört das „Geräusch“. Jeweils zwischen der Polarität entstehen unendlich viele „Zwischenstufen“, die von einem extremen Pol zum anderen führen. Schön erkennen, kannst du es an dem polaren Beispiel der Farben von „Schwarz“ und „Weiß“, denn es liegen unendlich viele „Grautöne“ dazwischen.

“ David macht eine kurze Pause, um das gerade gesagte bei Henry wirken zu lassen, bis er dann fortfährt: „Etwas allgemeiner formuliert, würde es bedeuten, dass aus der Polarität die unendliche Vielfalt resultiert und jede Position innerhalb der Polarität eine mögliche Sichtweise darstellt!

Wenn du ein bisschen darüber nachdenkst, wirst du feststellen, dass du alles nur aufgrund eines Gegensatzes wahrnehmen kannst. Selbst dieses Glas hier kann nur existieren, weil es, etwas abstrakt formuliert, einen Hintergrund gibt, der „Nicht-Glas“ ist.

Kannst du mir soweit folgen?“

„Hm. Ich weiß nicht, ob das alles so stimmt. Das müsste ich mir erst mal durch den Kopf gehen lassen, aber es scheint so zu sein! Ich glaube, ich hab schon mal was darüber in einem Managertraining gehört.“ „Gut, hat dein Studium zumindest eine kleine Frucht hervorgebracht!“ „Wie meinst du das?“, fragt Henry etwas irritiert und erstaunt über so eine spitzfindige Bemerkung. „Das sage ich dir am Ende. Lass mich erst mal weiter erklären. Du willst doch eine Antwort auf deine Fragen haben, oder nicht?“ „Ja natürlich irgendwie schon, also fahre fort, aber heb jetzt nicht ab.“ „Nein, keine Angst. Ich bin mehr Realist, als du glaubst. Und ich behaupte sogar, dass ich ein weitaus größerer Realist bin, als du!“

Henrys Gesichtsmimik verrät etwas Irritation, denn so ein ausführliches Gespräch auf seine doch eher flapsige Bemerkung über Davids Studium hat er nicht erwartet. Aber David erklärt weiter: „Also, jetzt zurück zu unserer Polarität. Ein weiteres wichtiges Kriterium der Polarität ist die Synthese. Jede Polarität hat nämlich auf einer höheren Stufe eine Synthese, die jeweils beide Pole gleichzeitig enthält und einen höheren Komplex bildet. Ich will dir ein paar Beispiele geben, die zwar selbst noch polar sind, aber schon das Prinzip der Synthese verdeutlichen können: Die Münze: sie hat zwei Seiten und beide Seiten benötigen einander als Kontrast (Kopf und Zahl), wobei sie beide gleichzeitig in der höheren Synthese, der Münze, aufgehen. Genauso ist es mit dem mathematischen Kegel. Er ist auf einer zweidimensionalen unteren Ebene entweder „Kreis“ oder „Dreieck“, in Wirklichkeit aber „Kreis und Dreieck“. Ein anderes Beispiel ist die „Wurst“ mit ihren beiden Enden, oder noch besser ist das „Tai Chi“ ☯ Symbol, als Beispiel für die Synthese und die zwei Hälften, weiß und schwarz, als die symbolischen zwei Seiten der Polarität.

Man kann in einer Polarität nie die eine Seite von der anderen Seite trennen. Beide gehören immer zusammen und gehen in der höheren Synthese harmonisch auf. Hast du das soweit verstanden, Henry?“ „Ja, ich denke schon!“ „Gut. Dann frage ich dich, was ist die Synthese aus „Krieg und Frieden“, oder „links und rechts“, oder „warm und kalt“, oder „blau und orange“?

Darauf ist Henry jetzt nicht vorbereitet gewesen. Er überlegt kurz und sagt: „Äh, Moment … ich weiß es nicht! Sag es mir!“ „Du kannst dir die Synthese weder denken noch vorstellen! Aber du kannst mit deinem logischen Verstand bis zu der Grenze kommen, dass du 100 %ig sicher sagen kannst, dass es eine Synthese geben muss. Du kannst sie aber nicht denken, da dein Denken und dein Vorstellen polar aufgebaut sind und du immer nur eine Seite der Polarität z.B. „warm“ denken kannst, während immer gleichzeitig im Hintergrund unsichtbar „kalt“ verborgen ist. Die Synthese ist für dich nicht wahrnehmbar!“

„Das würde bedeuten, wenn alles polar aufgebaut ist, und dass muss ich erst noch überprüfen, dann gibt es eine Art höhere Wirklichkeit, eine Überwelt, eine Welt der Synthese, die jenseits unserer Vorstellung und unseres Denkens liegen muss. Ist es das, was du mir damit sagen willst?“ Henrys Ausdruck erhell sich und er beginnt Davids Ausführungen interessant zu finden. „Gut mitgedacht. Genauso ist es! Und diese Synthese aller Synthesen nennen die Religionen GOTT, Allah, JHWH, Krishna, Trinität, Heiliger Geist, Tao, usw.

Du kannst jetzt vielleicht auch nachvollziehen, wie albern es ist sich über GOTT zu streiten, da man die höchste Synthese in seine kleingeistigen, polaren Denkmuster pressen möchte. Das funktioniert nicht. Daher auch all die Meinungsverschiedenheiten über GOTT. Jeder hat seine polare Sicht von GOTT und in Wirklichkeit ist GOTT alle Sichtweisen gleichzeitig und noch viel mehr. So wie unser symbolischer Kegel eine Vielzahl an zweidimensionalen Kreisen Parabeln, Hyperbeln und sogar Dreiecken (alles Querschnitte durch den Kegel), darstellt, aber gleichzeitig ein ganzer höherer dreidimensionaler Körper ist.“

„Wenn das stimmt, was du mir erzählst und das muss ich erst noch überprüfen, dann wärealles, was ich wahrnehme, mein Denken und Vorstellen, nur eine Illusion im Vergleich zur eigentlichen Wirklichkeit, der Synthese?“, schlussfolgert Henry nach einer kurzen Ruhepause. „Sehr gut kombiniert. Ich hätte es nicht besser formulieren können. Du warst zurecht in der Schule immer der bessere Schüler von uns zwei“, schmeichelt David. „Um dir vielleicht noch eine bessere fühlbare Vorstellung von der „Illusionswelt – Polarität“ und der „Wirklichkeitswelt - Synthese“ zu geben, ist der Traum ein schönes, für dich nachvollziehbares Symbol. Wenn du heute Nacht einschläfst und träumst, dass du meinetwegen auf einem riesigen Berg Geld sitzt, dann ist dieser Zustand für dich im Traum erst mal Realität, vorausgesetzt, du weißt nicht, dass du träumst!“ „Ja, stimmt, wobei mir lieber wäre, dass es kein Traum ist,“ Henry bringt ein kleines Lächeln über seine ansonsten etwas steifen Lippen. „Wenn du dann morgens wieder wach geworden bist, dann weißt du, dass es nur ein Traum war, der zwar allen Anschein von Wirklichkeit hatte, aber letztendlich doch nur ein Traum war. Du weißt jetzt, dass das Geld, du selbst und der Raum in dem ihr euch befunden habt, nur Illusion waren. Kannst du dir das Gefühl gegenüber dieser Traumwelt im Verhältnis zu deiner Wirklichkeit bewusst machen?“

„Ja, es ist zwar schade, dass das ganze Geld nur Illusion war, aber natürlich weiß ich, wovon du redest. Ich kann das Gefühl der Irrealität und Illusion gegenüber einem Traum in der Nacht in mir finden und ich ahne, was du mir damit sagen willst: Die „Welt der Synthese“ verhält sich zur „Welt der Polarität“, also diese meine Vorstellungswelt, wie du sie nennst, wie „die Welt der Polarität“ zum „Traum“! Das erinnert mich, nebenbei bemerkt, ein wenig an den „Goldenen Schnitt“ verbunden mit dem Film „Matrix“.“ Henry hat versucht einen Scherz zu machen, doch merkt er, dass David nicht lacht, sondern seine Verbindung von Mathematik und Hollywood sehr ernst aufnimmt.

„Sehr gut kombiniert, Henry. Du bist ein cleveres Kerlchen. Ich habe für diese Erkenntnis viel länger gebraucht. Aber genau das wollte ich dir sagen. Ich wollte dir ein Gefühl der Illusion und Relativität deiner Welt geben und dir somit eine Vorstellung vermitteln, wie sich eine höhere Stufe zu einer Niedrigeren verhält, indem ich dir eine noch niedrigere Stufe als Verhältnisbeispiel geben, die du mit deinem Wissen fassen kannst. Arithmetisch betrachtet liegt zwischen 7 und 8 genauso viel, wie zwischen 6 und 7, nämlich genau „1“. Wobei „6“ unser Traum ist, „7“ ist die „Welt der Polarität“, also das, was du jetzt erlebst und „8“ ist die „Welt der Synthese“, die höhere Wirklichkeit.

Wenn du auf „7“ stehst kannst du „8“ zwar noch nicht wirklich fassen, du kannst in dir aber ein Gefühl für diese höhere Wirklichkeit hervorrufen, wenn du dir „6“ anschaust.“ 10 „Mir dämmert langsam wohin das führt und ich muss sagen, dass mir mulmig zumute wird.“ Henry blickt im Raum umher, schaut sich die Menschen, die Möbel, sowie die Bar an und spricht nachdenklich: „Dann wäre ja nichts, was uns umgibt absolute Wirklichkeit! Das würde doch komplett die Spannung aus allem nehmen!“ „Stimmt und stimmt nicht! Es ist genauso viel Wirklichkeit, wie in deinem Traum. Alles ist wirklich da! Fass doch das Glas an. Es ist doch alles „echt“ und erfahrbar. Werde jetzt bloß nicht unrealistisch, Henry!“

David kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, ergänzt aber gleich, „wenn du dir einen Film auf DVD anschaust, weißt du doch auch indirekt, dass die höhere Wirklichkeit nur aus einem Zahlencode auf der DVD besteht und das schmälert doch auch nicht dein Vergnügen am Film. Es hilft dir höchstens ruhig zu bleiben, wenn es zu spannend oder zu brutal wird, da du dir ja in Erinnerung rufen kannst, dass es nur ein Film und nicht wirklich echt ist.“

„Ja. Das stimmt. So gesehen ist es eigentlich eine ziemlich große Hilfe. Wenn ich dieses Wissen in meinem Alltag parat hätte. Ich hätte einige graue Haare und einige Sorgenfalten weniger und wahrscheinlich hätte ich auch kein Magengeschwür bekommen. Aber ich weiß noch nicht sicher, ob das auch alles stimmt, was du mir da erzählst. Das klingt alles viel zu einfach, um wahr zu sein!“ „Warum machst du es denn so kompliziert? Vielleicht ist alles viel einfacher als du es dir vorstellst? Vielleicht denkst du nur zu kompliziert und siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht!“

„Ich will dir jetzt nicht unbedingt widersprechen, nach alledem, was du mir gerade gesagt hast. Es kann durchaus sein, dass ich irgendwie doch nicht so einen großen Plan hatte, wie ich es annahm. Aber ich muss das alles erst mal überdenken und verdauen. Außerdem glaub ich, brauch ich eine kurze Pause. Ich geh mal auf die Toilette. Bin gleich wieder da!“

Henry ist einer der besten Absolventen auf der Uni gewesen. Er hat sein BWL Studium mit „summa cum laude“ abgeschlossen und auf dem Finanzmarkt ist er ein angesagter Manager. Er kann sehr schnell Zusammenhänge erfassen, wenn er sich intensiver mit ihnen beschäftigt, aber er will grundsätzlich auch nur das annehmen, was er verstehen und nachvollziehen kann. David denkt sich mit einer liebevollen, fast väterlichen inneren Stimme: „Dies, lieber Henry, war der erste Streich und der zweite folgt möglicherweise zugleich, nachdem du deine kleine Auszeit auf der Toilette beendet hast.“

Henry kommt wieder und man kann sehen, dass er sich wohl das Gesicht mit Wasser abgewaschen hat. Seine Haarspitzen sind noch ganz nass und die Augen leicht rot vom Reiben mit den Händen.

Er hat vorher noch zwei Gläser Rotwein bestellt, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzt. Henry schaut David an, wie ein etwas eingeschüchtertes Kind seinen Lehrer anschaut, mit der etwas ängstlichen Frage im Gesicht „…und was kommt jetzt als nächstes?“

„Lass uns jetzt über dich sprechen, Henry. Wie sieht es eigentlich mit Geld aus?“ David kann sehen, wie in Henry das kraftvolle Leben zurückkehrt und aus dem Schüler schnell wieder der Meister wird, denn hierin kennt er sich nun wirklich aus. Er weiss so ziemlich alles über Geld. Er kennt alle wichtigen Fonds, Anlagen, Kapitalbeteiligungen, sowie die Finanzlagen der größten Firmen und Länder. Er hätte ohne Probleme aus dem Stegreif David, einen der besten Vorträge über „Die besten Renditen weltweit“ halten können.

Jetzt ist es an ihm, David aufzuklären, denn David hat ja offensichtlich keine Ahnung von Geld. Sein Körper erhebt sich und mit fester selbstsicherer Stimme fragt er: „Aber gern, David, was möchtest du wissen? Es freut mich, wenn auch ich dir etwas beibringen kann, auch wenn das Geld in die „Welt der Polaritäten“ fallen sollte, ist es ja durchaus mit das Wichtigste in dieser Welt!“ „So, so, „das Wichtigste dieser Welt“, dann sag mir doch mal, was an Geld so wichtig, oder besser noch, so wertvoll ist? Du glaubst doch, dass Geld wertvoll ist, oder Henry?“ „Aber natürlich, was für eine Frage! Das Geld ist das „Blut der Wirtschaft“, wie wir Banker sagen…“ , „… und die Banker sind dann die Blutsauger…“ scherzt David. Henry stutz, fängt sich aber schnell wieder „Nein … äh ja, ich meine, wenn du es so auslegen möchtest. Mir gefällt „Blutbank“ besser. Sie hilft, sozusagen als Retter in der Not, wenn mal ein Unternehmen etwas Knapp an Blut bzw. Geld ist. Aber du hast mich unterbrochen. Ich wollte sagen, dass das Geld das Blut der Wirtschaft ist und die Wirtschaft bestimmt das Wohlergehen einer Gesellschaft. Geht es der Wirtschaft gut, geht es den Menschen gut. Dann kann das Gesundheitssystem stabilisiert werden, die Bildung gefördert werden, die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden usw. und das alles hängt vom jeweiligen Geldbeutel, oder besser gesagt von der Finanzkraft des Landes ab! Ohne Geld keinen Wohlstand! So einfach ist das!“

„Ist es das wirklich? Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Du bist ihr nur ausgewichen!“ „Wie ausgewichen? Wieso? Welcher Frage bitte noch mal?“ „Was an Geld wertvoll ist?“ „Geld an sich hat keinen Wert, wenn du das meinst. Das Material oder die Zahlen auf dem Konto haben nichts mit dem eigentlichen Wert zu tun. Geld hat einen Tauschwert. Du kannst für Geld andere Waren bekommen, ohne andere Waren eintauschen zu müssen. Geld ist viel handlicher und praktischer, als mit einem Sackkarren voller Waren rumzulaufen und zufällig jemanden zu finden, der das braucht, was ich habe, und der zufällig auch das hat, was ich brauche!“

„Das bestreitet auch niemand“, David lässt nicht locker, „du sollst mir nur verraten warum jeder glaubt, dass Geld wertvoll ist, wenn doch gar nichts wertvolles an Geld ist!“ Henry überlegt kurz, dann versucht er David den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Ah, jetzt weiß ich worauf du anspielst. Du spielst auf die Tatsache an, dass das heutige Geld schon lange keine Golddeckung mehr hat. Es wird von den Banken, besonders in den westlichen Ländern, im Prinzip aus dem Nichts erschaffen. Wir nennen das „Fiat Money“, die Bezeichnung stammt aus der Bibel von „Fiat Lux“ (Es werde Licht) glaube ich. Mit „Es werde Geld“ ist gemeint, dass das Geld einfach aus dem Nichts generiert wird. Ich weiß, dass private Banken das Geld für die Staaten und Regierungen drucken bzw. mittels Tastatur in einen Computer eingeben und es an sie gegen Zinsen verleihen. Na und…? Natürlich ist das im Prinzip die größte Verarsche, die die Welt je gesehen hat, aber…!“ „Henry“, unterbricht ihn David „Du brauchst mir hier nichts zu beichten. Ich hab kein Problem damit. Ich weiß das alles. Aber was ist mit meiner Frage? Was ist an Geld wertvoll?“

„NICHTS, gar nichts ist an Geld wertvoll. Es ist bedrucktes Papier oder Zahlen auf einem Konto, die rein imaginär sind. Es hat selbst keine Wertsubstanz! Ist es dass, was du wissen willst!“ „Und warum will es dann jeder haben, Henry?“ „Weil wir es schon immer so gelernt haben. Jeder hat von klein auf beigebracht bekommen, dass Geld wertvoll ist. Mit Gold ist es doch genauso. Was ist an Gold schon wertvoll? Mal von Zahnersatz, Kunstwerken und einigen Industrieprodukten abgesehen, ist es doch zu nichts weiter zu gebrauchen!“

Jetzt bemerkt Henry, dass er sich selbst in den Rücken gefallen ist. Instinktiv weiß er es schon immer, aber so richtig hat er nicht gewagt darüber nachzudenken. Erst durch den Druck von David, konnte oder musste er die unsichtbare Grenze überqueren, die sein scheinbar festes Weltbild vom „Geldbild“ umgab.

„Ja du hast recht, David. Geld ist eigentlich wertlos!“, gibt Henry etwas kleinlaut wiederholt zu. Er verliert jetzt immer mehr die Haltung und scheint gerade seine letzte Festung verloren zu haben. „Nein, das stimmt nicht, Henry. Es gibt etwas, was hinter dem Geld steht und wodurch das Geld wertvoll wird!“ „Was meinst du?“ „Du hast es gerade gesagt: Es ist der Glaube an das Geld! Die Menschen glauben, dass Geld oder auch Gold wertvoll sind, obwohl an ihnen überhaupt nichts wirklich wertvolles ist! Der Glaube des Menschen ist es, was die Dinge wertvoll macht!

Henry überlegt kurz, dann scheint er zu verstehen: „Dann gilt das gleiche für Bilder, Kunstwerke, Antiquitäten, Reliquien und vieles andere auch!“

„Völlig richtig Henry. Du bist halt ein heller Kopf.“ Henry weiß nicht ob David das ernst gemeint hat, oder ob er sich gerade lustig gemacht hat. Vielleicht beides zugleich!

„Ich will dir noch ein anderes Beispiel geben, Henry: Nimm doch mal die Briefmarke „die Blaue Mauritius“. Ihr angeblicher Versicherungswert, so hab ich gehört, liegt bei ca. einer Millionen Dollar. Was ist an einem kleinen, fehlerhaften und bereits abgestempelten Papierschnipsel denn so wertvoll?“

„Die Einzigartigkeit und Seltenheit natürlich!“, verteidigt Henry die Briefmarke. David riss ein Stückchen, in der Größe einer Briefmarke, von seinem Bierdeckel ab und hielt sie Henry vor das Gesicht: „Was unterscheidet die „Blaue Mauritius“ von diesem Schnipsel hier? Auch er ist einzigartig und selten. Du wirst nie wieder einen solchen Schnipsel finden, der genau diese Reißkanten hat!“

Henry starrt den Schnipsel eine Weile an und sagt: „Ich glaube, ich fange an zu verstehen, was du damit sagen willst. Man muss den Menschen nur glauben machen, etwas sei wertvoll und dann ist es auch wertvoll, aber nur deshalb, weil sie es glauben. Der Glaube ist der Wert hinter den Dingen!“ Er macht eine kurze Pause und folgert weiter „Wenn ich das recht bedenke, funktioniert im Prinzip die ganze Börse nach dieser Grundregel! Der Glaube ist es, der den Wert schafft!“ „Richtig, genau das habe ich versucht dir zu vermitteln. Das Wort „Geld“ hängt mit „Geltung / gelten / das, was gilt“ zusammen, und das, was wirkliche Geltung hat, ist der „Glaube des Menschen“!“

Henrys Gesicht entspannt sich. Innerlich hat er gerade kapituliert. Ihm geht seine großartige Bildersammlung durch den Kopf, die er immer ganz stolz all seinen Freunden und Besuchern bei sich zu Hause, als langfristige und sichere Wertanlage, präsentiert hat, denn mit jedem Jahr ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Künstler stirbt größer.

David nimmt das Gespräch, nach einer kurzen Pause des verstehenden Schweigens, als erster wieder auf: „Wenn ich jetzt ein Heiliger wäre, was glaubst du, ist dann dieser Bierdeckelschnipsel hier wert? Wo doch mein Fingerabdruck darauf ist?“ „Wenn du einen Dummkopf finden würdest, der das glaubt, dann würde er vermutlich einiges dafür zahlen und wir könnten ein riesen Geschäft mit deiner Person machen!“ „Du denkst schon wieder nur ans Geld! Aber grundsätzlich hast du recht. Er würde uns, für den kleinen Schnipsel mit meinem Fingerabdruck, notariell beglaubigt natürlich, einen Berg von ebenso wertlosen Schnipsels, nämlich Geld, geben. Wir verarschen uns also gegenseitig, sind aber beide glücklich. Ein guter Tausch, nicht wahr!“ David grinst und Henry wird immer mehr die Absurdität dieses Spieles, das die Menschheit schon so lange zu spielen scheint, bewusst. „Das ist ja, wie bei Monopoly, ich tausche Zettel gegen Zettel, das ist das ganze Spiel. Doch die Menschen haben sich mittlerweile so sehr verzettelt, dass sie den Zettel nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden können. Den Schein des (Geld)Scheins nicht mehr sehen“, folgert Henry und grinst, weil ihm aufgefallen ist, dass „Schein“ „nur Illusion sein“ bedeutet, aber auch die Abkürzung für Geldschein ist.

„Ist das Zufall“, denkt er sich, „oder ist doch etwas dran, an dem lateinischen Sprichwort „nomen est omen“ („Im Namen liegt die Vorbedeutung“)? Der Geld-schein gilt nur zum Schein.“ „…oder mit Shakespeare gesagt: Der ganze Wahn ums Geld bedeutet im Kern: „Viel Lärm um Nichts!“, ergänzt David.

„Jetzt wird mir auch die Verbindung der Banken zu den Medien und der Politik klar. Im Prinzip weiß ich, dass alle Banken der westlichen Welt miteinander vernetzt sind und dadurch alle unter einer Decke stecken. Sie beherrschen oder kontrollieren direkt und indirekt die Massenmedien aufgrund ihrer Geldmacht und Werbekraft, und die Massenmedien kontrollieren den Glauben der Masse der Bevölkerung, und damit die Wahlen in der Politik, so dass auch die Politik direkt und indirekt gesteuert wird. Die Politik und der jeweilige Staat selbst, sowie der Anzug und die Krawatte des Bankers, wiederum geben dem Geld ein seriöses Äußeres. Dadurch ist gesichert, dass die Menschen glauben, nichts anderes zu hören, als dass Geld wertvoll ist und nie auf den Gedanken kommen zu fragen, was an Geld überhaupt wertvoll ist, oder vielleicht das ganze System in Frage stellen. Die Menschen tauschen ihre eigentlichen Werte, wie Häuser oder ihre Arbeitskraft bei der Bank gegen Geld, also nur bedrucktes Papier oder Zahlen auf dem Kontoauszug ein. Der Banker bekommt die Wertzusicherung des Geldes nur durch das Pfand (z.B. das Haus), was der Schuldner ihm überschreibt. Das Geld entsteht dann aus dem Nichts! Extrem dreist, aber doch irgendwie genial!“ Henry ist von seiner kurzen Zusammenfassung selbst ganz überrascht. Scheint er es doch intuitiv immer gewusst oder geahnt zu haben.

David ergreift wieder das Wort und sagt: „Es ist wie in dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Erst der unwissende kleine Junge spricht aus, dass der Kaiser gar keine Kleider an hat! Die Massenmedien versuchen in der Regel nur zu manipulieren und den Menschen einen vorgegebenen Glauben einzuhämmern (Geld ist das Wichtigste) bzw. Angst zu machen (Vogelgrippe, Terrorismus, Unfälle, Überfälle, etc.), weil die Masse am besten durch die Angst gesteuert werden kann. Sagte ich dir nicht schon vor Jahren, dass Zeitung lesen dumm macht! Du hast dich über diese Ansicht immer lustig gemacht und mich als „netten, aber weltfremden Spinner“ bezeichnet!“ David kann sich diesen letzten kleinen vielleicht etwas überzogenen Seitenhieb nicht verkneifen, weil er weiß wie stolz Henry auf seine Allgemeinbildung ist, die er regelmäßig durch das Studium der verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen aufrecht erhält.

Jetzt langsam ist der Höhepunkt dieser Unterhaltung gekommen und David holt zum letzten Schlag aus: „Und nun zurück zu deiner Frage, Henry.“ „Frage, welche Frage, ich habe keine Fragen mehr, zumindest im Moment will ich gar nichts mehr wissen!“ „Deine Frage am Anfang unseres Gespräches war, ob ich denn bei all meinen Studien überhaupt noch Realist bleiben kann? Um dir diese Frage zu beantworten, musste ich dir all das vorher erklären. Jetzt kannst du selbst entscheiden: Der eine versucht, das, was offensichtlich ist, wenn man seine Augen und seinen Verstand auch wirklich benutzt, zu verstehen, und der andere verstrickt sich in Illusionen und rennt sein leben lang hinter einem Trugbild Namens „Geld“ her, von dem er nie genug bekommen kann und glaubt ohne dies nicht zu überleben! Wer von uns beiden ist nun der größere Realist?“

Henry schweigt eine Minute, die ihm wie eine Ewigkeit vorkommt und in der sich sein, wie er glaubt, so logisches festes Weltbild, wie ein Luftschloss aufzulösen beginnt. „O.K. Du hast gewonnen. Ich gebe auf. Und was soll ich jetzt machen?“ fragt Henry sichtlich hilflos und resignierend, „99,9 % aller Menschen funktionieren aber nach meinem Glauben von „Geld ist wertvoll und es muss so viel wie möglich davon her“ und „ohne Geld kein Leben“!“, versucht er sich ein letztes mal zu verteidigen.

„Da fällt mir nur ein Zitat ein: Fresst Scheiße, Millionen von Fliegen können sich nicht irren! Oder mit der Bibel etwas vornehmer ausgedrückt: Mt 7,13 „Breit ist der Weg der Masse in die Verderbnis und schmal ist der Weg ins Himmelreich, den nur wenige gehen“ und dazu ergänzend noch Mt 6,24 „Du kannst nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon“!“

Henry ist auf diese direkte Antwort nicht vorbereitet gewesen, fängt sich aber schnell wieder und erwidert: „Du kannst mich jetzt nicht mit einem schlauen Spruch und zwei Bibelzitaten abspeisen. Erst gibst du mir eine Watsche nach der anderen, dann erschütterst bzw. zerstörst du innerhalb von einer Stunde mein ganzes Weltbild, ruinierst nebenbei meine Kunstsammlung und verdirbst mir möglicherweise den Spaß an meiner Arbeit, die mir vorher soviel Vergnügen bereitet hat. Also lass mich jetzt nicht so in der Luft hängen!“

„Es ist alles nicht so schlimm, wie es dir vielleicht im Moment erscheint. Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du vergisst und verdrängst, was ich bzw. du dir selbst gerade alles gesagt hast, dann wird im Prinzip alles wieder so sein wie früher, oder du versuchst einfach nur zu verstehen, wie alles funktioniert, ohne etwas zu verurteilen!“ „Wie meinst du das, ich müsste nur verstehen, wie alles funktioniert ohne zu verurteilen und ohne etwas zu unternehmen?“

„Mit „verstehen“ meine ich ein passives Verhalten, kein aktives „Machen müssen“ oder „Handeln müssen“. Aus der Sicht der „Welt der Synthese“ macht Alles Sinn! Kein Mensch ist, von dieser höheren Stufe aus betrachtet, schuldig und müsste bestraft werden. Du hast auch nie etwas „falsch“ gemacht, Henry, das kannst du gar nicht. Du hast dich nur verschiedenen Erfahrungen innerhalb der Polarität hingegeben, über die du das Gefühl von angenehm und unangenehm bekommen hast. Alles ist, von oben gesehen, sehr GUT!“ „Ich verstehe im Moment überhaupt nichts mehr. Jetzt soll wieder alles „sehr gut“ sein. Wo ich doch gerade meine kleine Welt zusammenbrechen sah. Und überhaupt wieso gibt es keinen der „Schuld“ hat und wieso kann ich nichts „Falsches“ machen? Was ist eigentlich noch Realität und was ist Illusion? Bin ich oder du verrückt, David?“

„Beide und keiner! Je nach Standpunkt, von welchem man das Ver-rückt-sein betrachten will!“, grinst David. „Nein, sag lieber gar nichts mehr. Deine Antworten verwirren mich nur noch mehr, als dass sie Klarheit schaffen!“

Henry sieht aus, als würde er sich im nächsten Moment gerne freiwillig in eine psychische Behandlung geben.

David erkennt, dass er vielleicht ein bisschen zu weit gegangen ist. Es ist schon etwas unfair von ihm, Henry, der nur wenig Hintergrund über die geistigen Zusammenhänge besitzt, mit seinen Erkenntnissen, die sich in all den Jahren langsam entwickelt haben, innerhalb von einer Stunde zu konfrontieren. Schließlich mag er Henry und das Gespräch sollte eigentlich nur zum besten Henrys sein, aber wie es scheint war dieser mehr am Verzweifeln, als vor Glück und Verstehen in die Höhe zu springen. Aber die Ernüchterungs- und Entzugsphasen sind nie angenehm!

Da fällt ihm das Buch ein, was er zufällig heute in seine Tasche gesteckt hat, um vielleicht im Park am Nachmittag noch etwas weiter zulesen. Er kam zwar nicht dazu, aber wie es scheint, hat es doch seinen Sinn gehabt, es einzupacken und mit rumzuschleppen. Er zieht es aus seiner Tasche und überreicht es dem etwas verwirrt dreinschauenden Henry.

„Hier, für dich! Vielleicht hilft es dir ein Stückchen weiter, beim Verstehen, wie die Schöpfung funktioniert!“

Der Schöpfungsschlüssel“ liest Henry den Titel des Buches laut vor.

„Es wirkt am Anfang etwas trocken und theoretischer, als es in Wirklichkeit ist. Denn hast du den Grundaufbau erst mal verstanden, dann wirst du, dich und deine Welt, sehr viel mehr verstehen können. Viel Spaß dabei!“ faßt David das Buch kurz zusammen.

Henry zögert, ob er noch ein „Geschenk“ von David heute psychisch verkraften kann, doch dann entschloss er sich das Buch dankend einzupacken.

„David, es tut mir leid, aber das ist alles zu viel für mich an einem Abend. Du hast mein ganzes Weltbild zerstört und wie ich jetzt erkenne meinen „Herrn“, das Geld, von seinem Thron geholt. Ich muss das alles erst in Ruhe überdenken.

Ich kann mich jetzt mit dir nicht weiter unterhalten. Es ist schon zu viel. Meine Kapazität ist mehr als überfüllt. Schau mal meine Hand an, sie fängt schon das Zittern an. Das passiert immer, wenn ich zu nervös werde. Entschuldige, aber ich glaube ich muss jetzt gehen. Ich melde mich bei dir wieder, sobald ich unser Gespräch etwas verdaut und eventuell das Buch gelesen habe.

Falls das stimmt, was du mir alles erzählt hast, dann wird sich in meinem Leben etwas ändern müssen. Du hörst von mir!

Dieser Abend geht übrigens auf mich, ich hab der Kellnerin schon bescheid gesagt. Bis bald!…

… Ach und David, auch, wenn ich es im Moment noch gar nicht wirklich wertschätzen kann, vielen Dank für das Gespräch!“

David lächelt ihn liebevoll an und blickt Henry noch nach, bis er hinter der Tür verschwindet, dann lehnt er sich zurück, genießt einen Schluck Wein und schmunzelt, weil er weiß, wie sich Henry jetzt fühlen muss. Ihm erging es früher oft ähnlich. Allerdings hatte er nie so eine heftige Dosis an Erkenntnis in so kurzer Zeit bekommen, wie sie heute Henry bekam.

„Es ist schon hart, wenn es, von jetzt auf gleich, den Anschein hat, dass man den Boden, auf dem man steht, unter sich verliert. Aber je eher der Mensch den Lug und Trug durchschaut, desto besser. Wie heißt es doch so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Er hat jetzt vom Schicksal eine neue Chance bekommen, sich zu öffnen, seine alten Glaubensmuster zu durchbrechen und neues Wissen aufzunehmen, um die GÖTTLICHE Schöpfung ein bisschen mehr zu verstehen.

Vielleicht wird es sie nutzen, vielleicht auch nicht.

Ich bin mal gespannt auf unser nächstes Gespräch!“, denkt sich David im Stillen.

Zwei alte Freunde haben sich in einer kleinen Bar in der Schweiz zu einem kleinen Abendtrunk verabredet. Sie kennen sich seit ihrem gemeinsamen Abitur und haben sich schon seit sieben Jahren, nicht mehr gesehen. Beide sind erfreut einander wiederzusehen und fallen sich herzlichst in die Arme. Henry hat nach dem Abitur eine Lehre als Bankkaufmann abgeschlossen, danach Betriebswirtschaft studiert und ist bei einem größeren Versicherungs- und Bankhaus im Management beschäftigt. David dagegen hat Religionswissenschaft, Philosophie, Mathematik, Sprachwissenschaften und Physik studiert, jedoch alle Studiengänge nach dem zweiten oder dritten Semester wieder abgebrochen und beschlossen zu Hause auf eigene Faust zu studieren. Er hat viele Reisen zu den entferntesten Orten gemacht und mit den verschiedensten Leuten gesprochen, war immer ein guter Schüler und wissbegierig zu erfahren und zu verstehen, nach welchen Mustern, Gesetzen und Regeln die Schöpfung funktioniert. Nicht nur die Regeln der Materie, sondern vor allem auch die Regeln und Gesetze des Geistes interessierten ihn sehr. Nach der Begrüßung und dem Bestellen der Getränke beginnt das nun folgende Gespräch zwischen den ehemals gleichen Freunden. (Stellen Sie sich vor, Sie sitzen als unsichtbarer Dritter mit am Tisch und hören jetzt aufmerksam dieses Gespräch mit!) „Sag mal David, was willst du eigentlich mit deinem Studium erreichen?“ „Ich will eigentlich nur verstehen, wie die Schöpfung funktioniert. Ich habe keine Ziele, auf die ich hinarbeite.“ „Aber von irgendwas musst du doch leben können, wenn du mal älter bist.“ „Ich lebe eigentlich ganz gut. Schon seit ich mit meinen eigenen Reisen und Studien begonnen habe, fehlte es mir an nichts. Es war und ist immer alles im Überfluss vorhanden.“ „Aber wer zahlt denn die Reisen und deine Verpflegung? Woher kommt denn das Geld für all deine Bücher und Kleidung?“ „Das ergibt sich so. Entweder werde ich eingeladen oder ich bekomme eine Gelegenheit mir etwas zu verdienen. Meist ist aber irgendein „Wunder“ im Spiel. Es geschieht etwas, womit keiner gerechnet hat.“ „Du versuchst mir auszuweichen. Kein Mensch kann ohne Geld existieren, zumindest nicht menschenwürdig leben. Geld regiert nun mal die Welt, da kommt keiner vorbei und jeder der es versucht, wird irgendwann auf der Straße landen und von der Sozialhilfe, das heißt auf Kosten der Gesellschaft, leben. Und solche Schmarotzer sind mir wirklich zu wider! Zu faul eigenes Geld zu verdienen und dafür bei anderen zu saugen, wie die Zecke am Hals. Nein, so was verabscheue ich zutiefst.“ Henry verzog eine so verachtenswürdige Mine, dass jeder, nur allein beim Gedanken an Sozialhilfe, sich schämen musste.„Ich kann dich beruhigen“, sagt David, „Ich lebe nicht von Sozialhilfe. Du kannst also ruhig mit mir weiterreden!“ „Na ja, das hätte ich von dir auch nicht erwartet.“ Henry lächelte und nahm einen Schluck aus seinem Rotweinglas. „Sag mal David“, bohrt Henry weiter, „kann man denn bei all deinen Studien überhaupt noch Realist bleiben?“ „Wie meist du das?“, fragt David. „Nun ja, ich meine, bei all deinen geistigen Spinnereien, … ich meine Ansichten, kann man da noch auf dem Boden der Tatsachen bleiben? Ich meine, ob man da nicht sehr schnell abhebt, bei dieser „nach Gott Suche“ und so? Glaubst du denn an Gott, ich meine so richtig?“ Henry verzog wieder das Gesicht, nur diesmal eher etwas mitleidig. „Was soll ich dir sagen, Henry. Es wird schwierig für mich dir meinen Standpunkt zu vermitteln, der auf all meinen Erfahrungen und all meinem Wissen beruht, aber trotzdem will ich es versuchen. Weißt du, was „Polarität“ ist?“ „Äh na ja, … schon irgendwie. Das bedeutet doch, dass es immer zwei Möglichkeiten gibt, also immer zwei Seiten einer Medaille, oder?“ „Ja, so ähnlich. Eine Polarität zeichnet sich dadurch aus, dass die eine Seite immer mit der anderen untrennbar, gleichzeitig auftreten muss, obwohl sie sich eigentlich 8 vom Grunde her beide widersprechen. Du kannst aber immer nur eine Seite wahrnehmen, während die andere Seite parallel verborgen ist. Wenn du „Krieg“ in deinem Bewusstsein hast, dann ist der „Frieden“ die Gegenseite, die unsichtbar im Hintergrund den Kontrast bildet. Ohne einen Kontrast oder Unterschied kannst du nichts wahrnehmen. Alles, was du wahrnimmst ist letztendlich polar aufgebaut. Jede Farbe hat ihre Komplementärfarbe und erst im Hintergrund von der einen kannst du die anderen sehen. Du kannst das Prinzip noch schön beim Photographieren mit einem Photofilm sehen. Es gibt immer ein Dianegativ und ein Diapositiv, die zusammen reines, weißes, unsichtbares Licht ergeben. Zu „links“ gehört „rechts“, zu „warm“ gehört „kalt“, zu „hell“ gehört „dunkel“ und zu der „Stille“ gehört das „Geräusch“. Jeweils zwischen der Polarität entstehen unendlich viele „Zwischenstufen“, die von einem extremen Pol zum anderen führen. Schön erkennen, kannst du es an dem polaren Beispiel der Farben von „Schwarz“ und „Weiß“, denn es liegen unendlich viele „Grautöne“ dazwischen.“ David macht eine kurze Pause, um das gerade gesagte bei Henry wirken zu lassen, bis er dann fortfährt: „Etwas allgemeiner formuliert, würde es bedeuten, dass aus der Polarität die unendliche Vielfalt resultiert und jede Position innerhalb der Polarität eine mögliche Sichtweise darstellt! Wenn du ein bisschen darüber nachdenkst, wirst du feststellen, dass du alles nur aufgrund eines Gegensatzes wahrnehmen kannst. Selbst dieses Glas hier kann nur existieren, weil es, etwas abstrakt formuliert, einen Hintergrund gibt, der „Nicht-Glas“ ist. Kannst du mir soweit folgen?“ „Hm. Ich weiß nicht, ob das alles so stimmt. Das müsste ich mir erst mal durch den Kopf gehen lassen, aber es scheint so zu sein! Ich glaube, ich hab schon mal was darüber in einem Managertraining gehört.“ „Gut, hat dein Studium zumindest eine kleine Frucht hervorgebracht!“ „Wie meinst du das?“, fragt Henry etwas irritiert und erstaunt über so eine spitzfindige Bemerkung. „Das sage ich dir am Ende. Lass mich erst mal weiter erklären. Du willst doch eine Antwort auf deine Fragen haben, oder nicht?“ „Ja natürlich irgendwie schon, also fahre fort, aber heb jetzt nicht ab.“ „Nein, keine Angst. Ich bin mehr Realist, als du glaubst. Und ich behaupte sogar, dass ich ein weitaus größerer Realist bin, als du!“ Henrys Gesichtsmimik verrät etwas Irritation, denn so ein ausführliches Gespräch auf seine doch eher flapsige Bemerkung über Davids Studium hat er nicht erwartet. Aber David erklärt weiter: „Also, jetzt zurück zu unserer Polarität. Ein weiteres wichtiges Kriterium der Polarität ist die Synthese. Jede Polarität hat nämlich auf einer höheren Stufe eine Synthese, die jeweils beide Pole gleichzeitig enthält und einen höheren Komplex bildet. Ich will dir ein paar Beispiele geben, die zwar selbst noch polar sind, aber schon das Prinzip der Synthese verdeutlichen können: Die Münze: sie hat zwei Seiten und beide Seiten benötigen einander als Kontrast (Kopf und Zahl), wobei sie beide gleichzeitig in der höheren Synthese, der Münze, aufgehen. Genauso ist es mit dem mathematischen Kegel. Er ist auf einer zweidimensionalen unteren Ebene entweder „Kreis“ oder „Dreieck“, in Wirklichkeit aber „Kreis und Dreieck“. Ein anderes Beispiel ist die „Wurst“ mit ihren beiden Enden, oder noch besser ist das „Tai Chi“ ☯ Symbol, als Beispiel für die Synthese und die zwei Hälften, weiß und schwarz, als die symbolischen zwei Seiten der Polarität. Man kann in einer Polarität nie die eine Seite von der anderen Seite trennen. Beide gehören immer zusammen und gehen in der höheren Synthese harmonisch auf. Hast du das soweit verstanden, Henry?“ „Ja, ich denke schon!“ „Gut. Dann frage ich dich, was ist die Synthese aus „Krieg und Frieden“, oder „links und rechts“, oder „warm und kalt“, oder „blau und orange“? Darauf ist Henry jetzt nicht vorbereitet gewesen. Er überlegt kurz und sagt: „Äh, Moment … ich weiß es nicht! Sag es mir!“ „Du kannst dir die Synthese weder denken noch vorstellen! Aber du kannst mit deinem logischen Verstand bis zu der Grenze kommen, dass du 100 %ig sicher sagen kannst, dass es eine Synthese geben muss. Du kannst sie aber nicht 9 denken, da dein Denken und dein Vorstellen polar aufgebaut sind und du immer nur eine Seite der Polarität z.B. „warm“ denken kannst, während immer gleichzeitig im Hintergrund unsichtbar „kalt“ verborgen ist. Die Synthese ist für dich nicht wahrnehmbar!“ „Das würde bedeuten, wenn alles polar aufgebaut ist, und dass muss ich erst noch überprüfen, dann gibt es eine Art höhere Wirklichkeit, eine Überwelt, eine Welt der Synthese, die jenseits unserer Vorstellung und unseres Denkens liegen muss. Ist es das, was du mir damit sagen willst?“ Henrys Ausdruck erhell sich und er beginnt Davids Ausführungen interessant zu finden. „Gut mitgedacht. Genauso ist es! Und diese Synthese aller Synthesen nennen die Religionen GOTT, Allah, JHWH, Krishna, Trinität, Heiliger Geist, Tao, usw. Du kannst jetzt vielleicht auch nachvollziehen, wie albern es ist sich über GOTT zu streiten, da man die höchste Synthese in seine kleingeistigen, polaren Denkmuster pressen möchte. Das funktioniert nicht. Daher auch all die Meinungsverschiedenheiten über GOTT. Jeder hat seine polare Sicht von GOTT und in Wirklichkeit ist GOTT alle Sichtweisen gleichzeitig und noch viel mehr. So wie unser symbolischer Kegel eine Vielzahl an zweidimensionalen Kreisen Parabeln, Hyperbeln und sogar Dreiecken (alles Querschnitte durch den Kegel), darstellt, aber gleichzeitig ein ganzer höherer dreidimensionaler Körper ist.“ „Wenn das stimmt, was du mir erzählst und das muss ich erst noch überprüfen, dann wäre alles, was ich wahrnehme, mein Denken und Vorstellen, nur eine Illusion im Vergleich zur eigentlichen Wirklichkeit, der Synthese?“, schlussfolgert Henry nach einer kurzen Ruhepause. „Sehr gut kombiniert. Ich hätte es nicht besser formulieren können. Du warst zurecht in der Schule immer der bessere Schüler von uns zwei“, schmeichelt David. „Um dir vielleicht noch eine bessere fühlbare Vorstellung von der „Illusionswelt – Polarität“ und der „Wirklichkeitswelt - Synthese“ zu geben, ist der Traum ein schönes, für dich nachvollziehbares Symbol. Wenn du heute Nacht einschläfst und träumst, dass du meinetwegen auf einem riesigen Berg Geld sitzt, dann ist dieser Zustand für dich im Traum erst mal Realität, vorausgesetzt, du weißt nicht, dass du träumst!“ „Ja, stimmt, wobei mir lieber wäre, dass es kein Traum ist,“ Henry bringt ein kleines Lächeln über seine ansonsten etwas steifen Lippen. „Wenn du dann morgens wieder wach geworden bist, dann weißt du, dass es nur ein Traum war, der zwar allen Anschein von Wirklichkeit hatte, aber letztendlich doch nur ein Traum war. Du weißt jetzt, dass das Geld, du selbst und der Raum in dem ihr euch befunden habt, nur Illusion waren. Kannst du dir das Gefühl gegenüber dieser Traumwelt im Verhältnis zu deiner Wirklichkeit bewusst machen?“ „Ja, es ist zwar schade, dass das ganze Geld nur Illusion war, aber natürlich weiß ich, wovon du redest. Ich kann das Gefühl der Irrealität und Illusion gegenüber einem Traum in der Nacht in mir finden und ich ahne, was du mir damit sagen willst: Die „Welt der Synthese“ verhält sich zur „Welt der Polarität“, also diese meine Vorstellungswelt, wie du sie nennst, wie „die Welt der Polarität“ zum „Traum“! Das erinnert mich, nebenbei bemerkt, ein wenig an den „Goldenen Schnitt“ verbunden mit dem Film „Matrix“.“ Henry hat versucht einen Scherz zu machen, doch merkt er, dass David nicht lacht, sondern seine Verbindung von Mathematik und Hollywood sehr ernst aufnimmt. „Sehr gut kombiniert, Henry. Du bist ein cleveres Kerlchen. Ich habe für diese Erkenntnis viel länger gebraucht. Aber genau das wollte ich dir sagen. Ich wollte dir ein Gefühl der Illusion und Relativität deiner Welt geben und dir somit eine Vorstellung vermitteln, wie sich eine höhere Stufe zu einer Niedrigeren verhält, indem ich dir eine noch niedrigere Stufe als Verhältnisbeispiel geben, die du mit deinem Wissen fassen kannst. Arithmetisch betrachtet liegt zwischen 7 und 8 genauso viel, wie zwischen 6 und 7, nämlich genau „1“. Wobei „6“ unser Traum ist, „7“ ist die „Welt der Polarität“, also das, was du jetzt erlebst und „8“ ist die „Welt der Synthese“, die höhere Wirklichkeit. Wenn du auf „7“ stehst kannst du „8“ zwar noch nicht wirklich fassen, du kannst in dir aber ein Gefühl für diese höhere Wirklichkeit hervorrufen, wenn du dir „6“ anschaust.“ 10 „Mir dämmert langsam wohin das führt und ich muss sagen, dass mir mulmig zumute wird.“ Henry blickt im Raum umher, schaut sich die Menschen, die Möbel, sowie die Bar an und spricht nachdenklich: „Dann wäre ja nichts, was uns umgibt absolute Wirklichkeit! Das würde doch komplett die Spannung aus allem nehmen!“ „Stimmt und stimmt nicht! Es ist genauso viel Wirklichkeit, wie in deinem Traum. Alles ist wirklich da! Fass doch das Glas an. Es ist doch alles „echt“ und erfahrbar. Werde jetzt bloß nicht unrealistisch, Henry!“ David kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, ergänzt aber gleich, „wenn du dir einen Film auf DVD anschaust, weißt du doch auch indirekt, dass die höhere Wirklichkeit nur aus einem Zahlencode auf der DVD besteht und das schmälert doch auch nicht dein Vergnügen am Film. Es hilft dir höchstens ruhig zu bleiben, wenn es zu spannend oder zu brutal wird, da du dir ja in Erinnerung rufen kannst, dass es nur ein Film und nicht wirklich echt ist.“ „Ja. Das stimmt. So gesehen ist es eigentlich eine ziemlich große Hilfe. Wenn ich dieses Wissen in meinem Alltag parat hätte. Ich hätte einige graue Haare und einige Sorgenfalten weniger und wahrscheinlich hätte ich auch kein Magengeschwür bekommen. Aber ich weiß noch nicht sicher, ob das auch alles stimmt, was du mir da erzählst. Das klingt alles viel zu einfach, um wahr zu sein!“ „Warum machst du es denn so kompliziert? Vielleicht ist alles viel einfacher als du es dir vorstellst? Vielleicht denkst du nur zu kompliziert und siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht!“ „Ich will dir jetzt nicht unbedingt widersprechen, nach alledem, was du mir gerade gesagt hast. Es kann durchaus sein, dass ich irgendwie doch nicht so einen großen Plan hatte, wie ich es annahm. Aber ich muss das alles erst mal überdenken und verdauen. Außerdem glaub ich, brauch ich eine kurze Pause. Ich geh mal auf die Toilette. Bin gleich wieder da!“ Henry ist einer der besten Absolventen auf der Uni gewesen. Er hat sein BWL Studium mit „summa cum laude“ abgeschlossen und auf dem Finanzmarkt ist er ein angesagter Manager. Er kann sehr schnell Zusammenhänge erfassen, wenn er sich intensiver mit ihnen beschäftigt, aber er will grundsätzlich auch nur das annehmen, was er verstehen und nachvollziehen kann. David denkt sich mit einer liebevollen, fast väterlichen inneren Stimme: „Dies, lieber Henry, war der erste Streich und der zweite folgt möglicherweise zugleich, nachdem du deine kleine Auszeit auf der Toilette beendet hast.“ Henry kommt wieder und man kann sehen, dass er sich wohl das Gesicht mit Wasser abgewaschen hat. Seine Haarspitzen sind noch ganz nass und die Augen leicht rot vom Reiben mit den Händen. Er hat vorher noch zwei Gläser Rotwein bestellt, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzt. Henry schaut David an, wie ein etwas eingeschüchtertes Kind seinen Lehrer anschaut, mit der etwas ängstlichen Frage im Gesicht „…und was kommt jetzt als nächstes?“ „Lass uns jetzt über dich sprechen, Henry. Wie sieht es eigentlich mit Geld aus?“ David kann sehen, wie in Henry das kraftvolle Leben zurückkehrt und aus dem Schüler schnell wieder der Meister wird, denn hierin kennt er sich nun wirklich aus. Er weiss so ziemlich alles über Geld. Er kennt alle wichtigen Fonds, Anlagen, Kapitalbeteiligungen, sowie die Finanzlagen der größten Firmen und Länder. Er hätte ohne Probleme aus dem Stegreif David, einen der besten Vorträge über „Die besten Renditen weltweit“ halten können. Jetzt ist es an ihm, David aufzuklären, denn David hat ja offensichtlich keine Ahnung von Geld. Sein Körper erhebt sich und mit fester selbstsicherer Stimme fragt er: „Aber gern, David, was möchtest du wissen? Es freut mich, wenn auch ich dir etwas beibringen kann, auch wenn das Geld in die „Welt der Polaritäten“ fallen sollte, ist es ja durchaus mit das Wichtigste in dieser Welt!“ „So, so, „das Wichtigste dieser Welt“, dann sag mir doch mal, 11 was an Geld so wichtig, oder besser noch, so wertvoll ist? Du glaubst doch, dass Geld wertvoll ist, oder Henry?“ „Aber natürlich, was für eine Frage! Das Geld ist das „Blut der Wirtschaft“, wie wir Banker sagen…“ , „… und die Banker sind dann die Blutsauger…“ scherzt David. Henry stutz, fängt sich aber schnell wieder „Nein … äh ja, ich meine, wenn du es so auslegen möchtest. Mir gefällt „Blutbank“ besser. Sie hilft, sozusagen als Retter in der Not, wenn mal ein Unternehmen etwas Knapp an Blut bzw. Geld ist. Aber du hast mich unterbrochen. Ich wollte sagen, dass das Geld das Blut der Wirtschaft ist und die Wirtschaft bestimmt das Wohlergehen einer Gesellschaft. Geht es der Wirtschaft gut, geht es den Menschen gut. Dann kann das Gesundheitssystem stabilisiert werden, die Bildung gefördert werden, die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden usw. und das alles hängt vom jeweiligen Geldbeutel, oder besser gesagt von der Finanzkraft des Landes ab! Ohne Geld keinen Wohlstand! So einfach ist das!“ „Ist es das wirklich? Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Du bist ihr nur ausgewichen!“ „Wie ausgewichen? Wieso? Welcher Frage bitte noch mal?“ „Was an Geld wertvoll ist?“ „Geld an sich hat keinen Wert, wenn du das meinst. Das Material oder die Zahlen auf dem Konto haben nichts mit dem eigentlichen Wert zu tun. Geld hat einen Tauschwert. Du kannst für Geld andere Waren bekommen, ohne andere Waren eintauschen zu müssen. Geld ist viel handlicher und praktischer, als mit einem Sackkarren voller Waren rumzulaufen und zufällig jemanden zu finden, der das braucht, was ich habe, und der zufällig auch das hat, was ich brauche!“ „Das bestreitet auch niemand“, David lässt nicht locker, „du sollst mir nur verraten warum jeder glaubt, dass Geld wertvoll ist, wenn doch gar nichts wertvolles an Geld ist!“ Henry überlegt kurz, dann versucht er David den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Ah, jetzt weiß ich worauf du anspielst. Du spielst auf die Tatsache an, dass das heutige Geld schon lange keine Golddeckung mehr hat. Es wird von den Banken, besonders in den westlichen Ländern, im Prinzip aus dem Nichts erschaffen. Wir nennen das „Fiat Money“, die Bezeichnung stammt aus der Bibel von „Fiat Lux“ (Es werde Licht) glaube ich. Mit „Es werde Geld“ ist gemeint, dass das Geld einfach aus dem Nichts generiert wird. Ich weiß, dass private Banken das Geld für die Staaten und Regierungen drucken bzw. mittels Tastatur in einen Computer eingeben und es an sie gegen Zinsen verleihen. Na und…? Natürlich ist das im Prinzip die größte Verarsche, die die Welt je gesehen hat, aber…!“ „Henry“, unterbricht ihn David „Du brauchst mir hier nichts zu beichten. Ich hab kein Problem damit. Ich weiß das alles. Aber was ist mit meiner Frage? Was ist an Geld wertvoll?“ „NICHTS, gar nichts ist an Geld wertvoll. Es ist bedrucktes Papier oder Zahlen auf einem Konto, die rein imaginär sind. Es hat selbst keine Wertsubstanz! Ist es dass, was du wissen willst!“ „Und warum will es dann jeder haben, Henry?“ „Weil wir es schon immer so gelernt haben. Jeder hat von klein auf beigebracht bekommen, dass Geld wertvoll ist. Mit Gold ist es doch genauso. Was ist an Gold schon wertvoll? Mal von Zahnersatz, Kunstwerken und einigen Industrieprodukten abgesehen, ist es doch zu nichts weiter zu gebrauchen!“ Jetzt bemerkt Henry, dass er sich selbst in den Rücken gefallen ist. Instinktiv weiß er es schon immer, aber so richtig hat er nicht gewagt darüber nachzudenken. Erst durch den Druck von David, konnte oder musste er die unsichtbare Grenze überqueren, die sein scheinbar festes Weltbild vom „Geldbild“ umgab. „Ja du hast recht, David. Geld ist eigentlich wertlos!“, gibt Henry etwas kleinlaut wiederholt zu. Er verliert jetzt immer mehr die Haltung und scheint gerade seine letzte Festung verloren zu haben. „Nein, das stimmt nicht, Henry. Es gibt etwas, was hinter dem Geld steht und wodurch das Geld wertvoll wird!“ „Was meinst du?“ „Du hast es gerade gesagt: Es ist der Glaube an das Geld! Die Menschen glauben, dass Geld oder auch Gold wertvoll sind, obwohl an ihnen überhaupt nichts wirklich wertvolles ist! Der Glaube des Menschen ist es, was die Dinge wertvoll macht!“ 12 Henry überlegt kurz, dann scheint er zu verstehen: „Dann gilt das gleiche für Bilder, Kunstwerke, Antiquitäten, Reliquien und vieles andere auch!“ „Völlig richtig Henry. Du bist halt ein heller Kopf.“ Henry weiß nicht ob David das ernst gemeint hat, oder ob er sich gerade lustig gemacht hat. Vielleicht beides zugleich! „Ich will dir noch ein anderes Beispiel geben, Henry: Nimm doch mal die Briefmarke „die Blaue Mauritius“. Ihr angeblicher Versicherungswert, so hab ich gehört, liegt bei ca. einer Millionen Dollar. Was ist an einem kleinen, fehlerhaften und bereits abgestempelten Papierschnipsel denn so wertvoll?“ „Die Einzigartigkeit und Seltenheit natürlich!“, verteidigt Henry die Briefmarke. David riss ein Stückchen, in der Größe einer Briefmarke, von seinem Bierdeckel ab und hielt sie Henry vor das Gesicht: „Was unterscheidet die „Blaue Mauritius“ von diesem Schnipsel hier? Auch er ist einzigartig und selten. Du wirst nie wieder einen solchen Schnipsel finden, der genau diese Reißkanten hat!“ Henry starrt den Schnipsel eine Weile an und sagt: „Ich glaube, ich fange an zu verstehen, was du damit sagen willst. Man muss den Menschen nur glauben machen, etwas sei wertvoll und dann ist es auch wertvoll, aber nur deshalb, weil sie es glauben. Der Glaube ist der Wert hinter den Dingen!“ Er macht eine kurze Pause und folgert weiter „Wenn ich das recht bedenke, funktioniert im Prinzip die ganze Börse nach dieser Grundregel! Der Glaube ist es, der den Wert schafft!“ „Richtig, genau das habe ich versucht dir zu vermitteln. Das Wort „Geld“ hängt mit „Geltung / gelten / das, was gilt“ zusammen, und das, was wirkliche Geltung hat, ist der „Glaube des Menschen“!“ Henrys Gesicht entspannt sich. Innerlich hat er gerade kapituliert. Ihm geht seine großartige Bildersammlung durch den Kopf, die er immer ganz stolz all seinen Freunden und Besuchern bei sich zu Hause, als langfristige und sichere Wertanlage, präsentiert hat, denn mit jedem Jahr ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Künstler stirbt größer. David nimmt das Gespräch, nach einer kurzen Pause des verstehenden Schweigens, als erster wieder auf: „Wenn ich jetzt ein Heiliger wäre, was glaubst du, ist dann dieser Bierdeckelschnipsel hier wert? Wo doch mein Fingerabdruck darauf ist?“ „Wenn du einen Dummkopf finden würdest, der das glaubt, dann würde er vermutlich einiges dafür zahlen und wir könnten ein riesen Geschäft mit deiner Person machen!“ „Du denkst schon wieder nur ans Geld! Aber grundsätzlich hast du recht. Er würde uns, für den kleinen Schnipsel mit meinem Fingerabdruck, notariell beglaubigt natürlich, einen Berg von ebenso wertlosen Schnipsels, nämlich Geld, geben. Wir verarschen uns also gegenseitig, sind aber beide glücklich. Ein guter Tausch, nicht wahr!“ David grinst und Henry wird immer mehr die Absurdität dieses Spieles, das die Menschheit schon so lange zu spielen scheint, bewusst. „Das ist ja, wie bei Monopoly, ich tausche Zettel gegen Zettel, das ist das ganze Spiel. Doch die Menschen haben sich mittlerweile so sehr verzettelt, dass sie den Zettel nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden können. Den Schein des (Geld)Scheins nicht mehr sehen“, folgert Henry und grinst, weil ihm aufgefallen ist, dass „Schein“ „nur Illusion sein“ bedeutet, aber auch die Abkürzung für Geldschein ist. „Ist das Zufall“, denkt er sich, „oder ist doch etwas dran, an dem lateinischen Sprichwort „nomen est omen“ („Im Namen liegt die Vorbedeutung“)? Der Geld-schein gilt nur zum Schein.“ „…oder mit Shakespeare gesagt: Der ganze Wahn ums Geld bedeutet im Kern: „Viel Lärm um Nichts!“, ergänzt David. „Jetzt wird mir auch die Verbindung der Banken zu den Medien und der Politik klar. Im Prinzip weiß ich, dass alle Banken der westlichen Welt miteinander vernetzt sind und dadurch alle unter einer Decke stecken. Sie beherrschen oder kontrollieren direkt und indirekt die Massenmedien aufgrund ihrer Geldmacht und Werbekraft, und die Massenmedien kontrollieren den Glauben der Masse der Bevölkerung, und damit die Wahlen in der Politik, so dass auch die Politik direkt und indirekt gesteuert wird. Die Politik und der jeweilige Staat 13 selbst, sowie der Anzug und die Krawatte des Bankers, wiederum geben dem Geld ein seriöses Äußeres. Dadurch ist gesichert, dass die Menschen glauben, nichts anderes zu hören, als dass Geld wertvoll ist und nie auf den Gedanken kommen zu fragen, was an Geld überhaupt wertvoll ist, oder vielleicht das ganze System in Frage stellen. Die Menschen tauschen ihre eigentlichen Werte, wie Häuser oder ihre Arbeitskraft bei der Bank gegen Geld, also nur bedrucktes Papier oder Zahlen auf dem Kontoauszug ein. Der Banker bekommt die Wertzusicherung des Geldes nur durch das Pfand (z.B. das Haus), was der Schuldner ihm überschreibt. Das Geld entsteht dann aus dem Nichts! Extrem dreist, aber doch irgendwie genial!“ Henry ist von seiner kurzen Zusammenfassung selbst ganz überrascht. Scheint er es doch intuitiv immer gewusst oder geahnt zu haben. David ergreift wieder das Wort und sagt: „Es ist wie in dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Erst der unwissende kleine Junge spricht aus, dass der Kaiser gar keine Kleider an hat! Die Massenmedien versuchen in der Regel nur zu manipulieren und den Menschen einen vorgegebenen Glauben einzuhämmern (Geld ist das Wichtigste) bzw. Angst zu machen (Vogelgrippe, Terrorismus, Unfälle, Überfälle, etc.), weil die Masse am besten durch die Angst gesteuert werden kann. Sagte ich dir nicht schon vor Jahren, dass Zeitung lesen dumm macht! Du hast dich über diese Ansicht immer lustig gemacht und mich als „netten, aber weltfremden Spinner“ bezeichnet!“ David kann sich diesen letzten kleinen vielleicht etwas überzogenen Seitenhieb nicht verkneifen, weil er weiß wie stolz Henry auf seine Allgemeinbildung ist, die er regelmäßig durch das Studium der verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen aufrecht erhält. Jetzt langsam ist der Höhepunkt dieser Unterhaltung gekommen und David holt zum letzten Schlag aus: „Und nun zurück zu deiner Frage, Henry.“ „Frage, welche Frage, ich habe keine Fragen mehr, zumindest im Moment will ich gar nichts mehr wissen!“ „Deine Frage am Anfang unseres Gespräches war, ob ich denn bei all meinen Studien überhaupt noch Realist bleiben kann? Um dir diese Frage zu beantworten, musste ich dir all das vorher erklären. Jetzt kannst du selbst entscheiden: Der eine versucht, das, was offensichtlich ist, wenn man seine Augen und seinen Verstand auch wirklich benutzt, zu verstehen, und der andere verstrickt sich in Illusionen und rennt sein leben lang hinter einem Trugbild Namens „Geld“ her, von dem er nie genug bekommen kann und glaubt ohne dies nicht zu überleben! Wer von uns beiden ist nun der größere Realist?“ Henry schweigt eine Minute, die ihm wie eine Ewigkeit vorkommt und in der sich sein, wie er glaubt, so logisches festes Weltbild, wie ein Luftschloss aufzulösen beginnt. „O.K. Du hast gewonnen. Ich gebe auf. Und was soll ich jetzt machen?“ fragt Henry sichtlich hilflos und resignierend, „99,9 % aller Menschen funktionieren aber nach meinem Glauben von „Geld ist wertvoll und es muss so viel wie möglich davon her“ und „ohne Geld kein Leben“!“, versucht er sich ein letztes mal zu verteidigen. „Da fällt mir nur ein Zitat ein: Fresst Scheiße, Millionen von Fliegen können sich nicht irren! Oder mit der Bibel etwas vornehmer ausgedrückt: Mt 7,13 „Breit ist der Weg der Masse in die Verderbnis und schmal ist der Weg ins Himmelreich, den nur wenige gehen“ und dazu ergänzend noch Mt 6,24 „Du kannst nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon“!“ Henry ist auf diese direkte Antwort nicht vorbereitet gewesen, fängt sich aber schnell wieder und erwidert: „Du kannst mich jetzt nicht mit einem schlauen Spruch und zwei Bibelzitaten abspeisen. Erst gibst du mir eine Watsche nach der anderen, dann erschütterst bzw. zerstörst du innerhalb von einer Stunde mein ganzes Weltbild, ruinierst nebenbei meine Kunstsammlung und verdirbst mir möglicherweise den Spaß an meiner Arbeit, die mir vorher soviel Vergnügen bereitet hat. Also lass mich jetzt nicht so in der Luft hängen!“ „Es ist alles nicht so schlimm, wie es dir vielleicht im Moment erscheint. 14 Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du vergisst und verdrängst, was ich bzw. du dir selbst gerade alles gesagt hast, dann wird im Prinzip alles wieder so sein wie früher, oder du versuchst einfach nur zu verstehen, wie alles funktioniert, ohne etwas zu verurteilen!“ „Wie meinst du das, ich müsste nur verstehen, wie alles funktioniert ohne zu verurteilen und ohne etwas zu unternehmen?“ „Mit „verstehen“ meine ich ein passives Verhalten, kein aktives „Machen müssen“ oder „Handeln müssen“. Aus der Sicht der „Welt der Synthese“ macht Alles Sinn! Kein Mensch ist, von dieser höheren Stufe aus betrachtet, schuldig und müsste bestraft werden. Du hast auch nie etwas „falsch“ gemacht, Henry, das kannst du gar nicht. Du hast dich nur verschiedenen Erfahrungen innerhalb der Polarität hingegeben, über die du das Gefühl von angenehm und unangenehm bekommen hast. Alles ist, von oben gesehen, sehr GUT!“ „Ich verstehe im Moment überhaupt nichts mehr. Jetzt soll wieder alles „sehr gut“ sein. Wo ich doch gerade meine kleine Welt zusammenbrechen sah. Und überhaupt wieso gibt es keinen der „Schuld“ hat und wieso kann ich nichts „Falsches“ machen? Was ist eigentlich noch Realität und was ist Illusion? Bin ich oder du verrückt, David?“ „Beide und keiner! Je nach Standpunkt, von welchem man das Ver-rückt-sein betrachten will!“, grinst David. „Nein, sag lieber gar nichts mehr. Deine Antworten verwirren mich nur noch mehr, als dass sie Klarheit schaffen!“ Henry sieht aus, als würde er sich im nächsten Moment gerne freiwillig in eine psychische Behandlung geben. David erkennt, dass er vielleicht ein bisschen zu weit gegangen ist. Es ist schon etwas unfair von ihm, Henry, der nur wenig Hintergrund über die geistigen Zusammenhänge besitzt, mit seinen Erkenntnissen, die sich in all den Jahren langsam entwickelt haben, innerhalb von einer Stunde zu konfrontieren. Schließlich mag er Henry und das Gespräch sollte eigentlich nur zum besten Henrys sein, aber wie es scheint war dieser mehr am Verzweifeln, als vor Glück und Verstehen in die Höhe zu springen. Aber die Ernüchterungs- und Entzugsphasen sind nie angenehm! Da fällt ihm das Buch ein, was er zufällig heute in seine Tasche gesteckt hat, um vielleicht im Park am Nachmittag noch etwas weiter zulesen. Er kam zwar nicht dazu, aber wie es scheint, hat es doch seinen Sinn gehabt, es einzupacken und mit rumzuschleppen. Er zieht es aus seiner Tasche und überreicht es dem etwas verwirrt dreinschauenden Henry. „Hier, für dich! Vielleicht hilft es dir ein Stückchen weiter, beim Verstehen, wie die Schöpfung funktioniert!“ „Der Schöpfungsschlüssel“ liest Henry den Titel des Buches laut vor. „Es wirkt am Anfang etwas trocken und theoretischer, als es in Wirklichkeit ist. Denn hast du den Grundaufbau erst mal verstanden, dann wirst du, dich und deine Welt, sehr viel mehr verstehen können. Viel Spaß dabei!“ faßt David das Buch kurz zusammen. Henry zögert, ob er noch ein „Geschenk“ von David heute psychisch verkraften kann, doch dann entschloss er sich das Buch dankend einzupacken. „David, es tut mir leid, aber das ist alles zu viel für mich an einem Abend. Du hast mein ganzes Weltbild zerstört und wie ich jetzt erkenne meinen „Herrn“, das Geld, von seinem Thron geholt. Ich muss das alles erst in Ruhe überdenken. Ich kann mich jetzt mit dir nicht weiter unterhalten. Es ist schon zu viel. Meine Kapazität ist mehr als überfüllt. Schau mal meine Hand an, sie fängt schon das Zittern an. Das passiert immer, wenn ich zu nervös werde. Entschuldige, aber ich glaube ich muss jetzt gehen. Ich melde mich bei dir wieder, sobald ich unser Gespräch etwas verdaut und eventuell das Buch gelesen habe. Falls das stimmt, was du mir alles erzählt hast, dann wird sich in meinem Leben etwas ändern müssen. Du hörst von mir! 15 Dieser Abend geht übrigens auf mich, ich hab der Kellnerin schon bescheid gesagt. Bis bald!… … Ach und David, auch, wenn ich es im Moment noch gar nicht wirklich wertschätzen kann, vielen Dank für das Gespräch!“ David lächelt ihn liebevoll an und blickt Henry noch nach, bis er hinter der Tür verschwindet, dann lehnt er sich zurück, genießt einen Schluck Wein und schmunzelt, weil er weiß, wie sich Henry jetzt fühlen muss. Ihm erging es früher oft ähnlich. Allerdings hatte er nie so eine heftige Dosis an Erkenntnis in so kurzer Zeit bekommen, wie sie heute Henry bekam. „Es ist schon hart, wenn es, von jetzt auf gleich, den Anschein hat, dass man den Boden, auf dem man steht, unter sich verliert. Aber je eher der Mensch den Lug und Trug durchschaut, desto besser. Wie heißt es doch so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Er hat jetzt vom Schicksal eine neue Chance bekommen, sich zu öffnen, seine alten Glaubensmuster zu durchbrechen und neues Wissen aufzunehmen, um die GÖTTLICHE Schöpfung ein bisschen mehr zu verstehen. Vielleicht wird es sie nutzen, vielleicht auch nicht. Ich bin mal gespannt auf unser nächstes Gespräch!“, denkt sich David im Stillen.

Zwei alte Freunde haben sich in einer kleinen Bar in der Schweiz zu einem kleinen

Abendtrunk verabredet. Sie kennen sich seit ihrem gemeinsamen Abitur und haben sich schon

seit sieben Jahren, nicht mehr gesehen.

Beide sind erfreut einander wiederzusehen und fallen sich herzlichst in die Arme.

Henry hat nach dem Abitur eine Lehre als Bankkaufmann abgeschlossen, danach

Betriebswirtschaft studiert und ist bei einem größeren Versicherungs- und Bankhaus im

Management beschäftigt. David dagegen hat Religionswissenschaft, Philosophie,

Mathematik, Sprachwissenschaften und Physik studiert, jedoch alle Studiengänge nach dem

zweiten oder dritten Semester wieder abgebrochen und beschlossen zu Hause auf eigene Faust

zu studieren. Er hat viele Reisen zu den entferntesten Orten gemacht und mit den

verschiedensten Leuten gesprochen, war immer ein guter Schüler und wissbegierig zu

erfahren und zu verstehen, nach welchen Mustern, Gesetzen und Regeln die Schöpfung

funktioniert. Nicht nur die Regeln der Materie, sondern vor allem auch die Regeln und

Gesetze des Geistes interessierten ihn sehr.

Nach der Begrüßung und dem Bestellen der Getränke beginnt das nun folgende Gespräch

zwischen den ehemals gleichen Freunden.

(Stellen Sie sich vor, Sie sitzen als unsichtbarer Dritter mit am Tisch und hören jetzt aufmerksam dieses

Gespräch mit!)

„Sag mal David, was willst du eigentlich mit deinem Studium erreichen?“

„Ich will eigentlich nur verstehen, wie die Schöpfung funktioniert. Ich habe keine Ziele, auf

die ich hinarbeite.“ „Aber von irgendwas musst du doch leben können, wenn du mal älter

bist.“ „Ich lebe eigentlich ganz gut. Schon seit ich mit meinen eigenen Reisen und Studien

begonnen habe, fehlte es mir an nichts. Es war und ist immer alles im Überfluss vorhanden.“

„Aber wer zahlt denn die Reisen und deine Verpflegung? Woher kommt denn das Geld für

all deine Bücher und Kleidung?“ „Das ergibt sich so. Entweder werde ich eingeladen oder ich

bekomme eine Gelegenheit mir etwas zu verdienen. Meist ist aber irgendein „Wunder“ im

Spiel. Es geschieht etwas, womit keiner gerechnet hat.“ „Du versuchst mir auszuweichen.

Kein Mensch kann ohne Geld existieren, zumindest nicht menschenwürdig leben. Geld regiert

nun mal die Welt, da kommt keiner vorbei und jeder der es versucht, wird irgendwann auf der

Straße landen und von der Sozialhilfe, das heißt auf Kosten der Gesellschaft, leben. Und

solche Schmarotzer sind mir wirklich zu wider! Zu faul eigenes Geld zu verdienen und dafür

bei anderen zu saugen, wie die Zecke am Hals. Nein, so was verabscheue ich zutiefst.“ Henry

verzog eine so verachtenswürdige Mine, dass jeder, nur allein beim Gedanken an Sozialhilfe,

sich schämen musste.„Ich kann dich beruhigen“, sagt David, „Ich lebe nicht von Sozialhilfe.

Du kannst also ruhig mit mir weiterreden!“ „Na ja, das hätte ich von dir auch nicht erwartet.“

Henry lächelte und nahm einen Schluck aus seinem Rotweinglas.

„Sag mal David“, bohrt Henry weiter, „kann man denn bei all deinen Studien überhaupt noch

Realist bleiben?“ „Wie meist du das?“, fragt David. „Nun ja, ich meine, bei all deinen

geistigen Spinnereien, … ich meine Ansichten, kann man da noch auf dem Boden der

Tatsachen bleiben? Ich meine, ob man da nicht sehr schnell abhebt, bei dieser „nach Gott

Suche“ und so? Glaubst du denn an Gott, ich meine so richtig?“ Henry verzog wieder das

Gesicht, nur diesmal eher etwas mitleidig.

„Was soll ich dir sagen, Henry. Es wird schwierig für mich dir meinen Standpunkt zu

vermitteln, der auf all meinen Erfahrungen und all meinem Wissen beruht, aber trotzdem will

ich es versuchen. Weißt du, was „Polarität“ ist?“ „Äh na ja, … schon irgendwie. Das

bedeutet doch, dass es immer zwei Möglichkeiten gibt, also immer zwei Seiten einer

Medaille, oder?“ „Ja, so ähnlich. Eine Polarität zeichnet sich dadurch aus, dass die eine Seite

immer mit der anderen untrennbar, gleichzeitig auftreten muss, obwohl sie sich eigentlich

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vom Grunde her beide widersprechen. Du kannst aber immer nur eine Seite wahrnehmen,

während die andere Seite parallel verborgen ist. Wenn du „Krieg“ in deinem Bewusstsein

hast, dann ist der „Frieden“ die Gegenseite, die unsichtbar im Hintergrund den Kontrast

bildet. Ohne einen Kontrast oder Unterschied kannst du nichts wahrnehmen. Alles, was du

wahrnimmst ist letztendlich polar aufgebaut. Jede Farbe hat ihre Komplementärfarbe und

erst im Hintergrund von der einen kannst du die anderen sehen. Du kannst das Prinzip noch

schön beim Photographieren mit einem Photofilm sehen. Es gibt immer ein Dianegativ und

ein Diapositiv, die zusammen reines, weißes, unsichtbares Licht ergeben. Zu „links“ gehört

„rechts“, zu „warm“ gehört „kalt“, zu „hell“ gehört „dunkel“ und zu der „Stille“ gehört das

„Geräusch“. Jeweils zwischen der Polarität entstehen unendlich viele „Zwischenstufen“, die

von einem extremen Pol zum anderen führen. Schön erkennen, kannst du es an dem polaren

Beispiel der Farben von „Schwarz“ und „Weiß“, denn es liegen unendlich viele „Grautöne“

dazwischen.“

David macht eine kurze Pause, um das gerade gesagte bei Henry wirken zu lassen, bis er dann

fortfährt: „Etwas allgemeiner formuliert, würde es bedeuten, dass aus der Polarität die

unendliche Vielfalt resultiert und jede Position innerhalb der Polarität eine mögliche

Sichtweise darstellt!

Wenn du ein bisschen darüber nachdenkst, wirst du feststellen, dass du alles nur

aufgrund eines Gegensatzes wahrnehmen kannst. Selbst dieses Glas hier kann nur

existieren, weil es, etwas abstrakt formuliert, einen Hintergrund gibt, der „Nicht-Glas“ ist.

Kannst du mir soweit folgen?“

„Hm. Ich weiß nicht, ob das alles so stimmt. Das müsste ich mir erst mal durch den Kopf

gehen lassen, aber es scheint so zu sein! Ich glaube, ich hab schon mal was darüber in einem

Managertraining gehört.“ „Gut, hat dein Studium zumindest eine kleine Frucht

hervorgebracht!“ „Wie meinst du das?“, fragt Henry etwas irritiert und erstaunt über so eine

spitzfindige Bemerkung. „Das sage ich dir am Ende. Lass mich erst mal weiter erklären. Du

willst doch eine Antwort auf deine Fragen haben, oder nicht?“ „Ja natürlich irgendwie schon,

also fahre fort, aber heb jetzt nicht ab.“ „Nein, keine Angst. Ich bin mehr Realist, als du

glaubst. Und ich behaupte sogar, dass ich ein weitaus größerer Realist bin, als du!“

Henrys Gesichtsmimik verrät etwas Irritation, denn so ein ausführliches Gespräch auf seine

doch eher flapsige Bemerkung über Davids Studium hat er nicht erwartet. Aber David erklärt

weiter: „Also, jetzt zurück zu unserer Polarität. Ein weiteres wichtiges Kriterium der Polarität

ist die Synthese. Jede Polarität hat nämlich auf einer höheren Stufe eine Synthese, die

jeweils beide Pole gleichzeitig enthält und einen höheren Komplex bildet. Ich will dir ein paar

Beispiele geben, die zwar selbst noch polar sind, aber schon das Prinzip der Synthese

verdeutlichen können: Die Münze: sie hat zwei Seiten und beide Seiten benötigen einander als

Kontrast (Kopf und Zahl), wobei sie beide gleichzeitig in der höheren Synthese, der Münze,

aufgehen. Genauso ist es mit dem mathematischen Kegel. Er ist auf einer zweidimensionalen

unteren Ebene entweder „Kreis“ oder „Dreieck“, in Wirklichkeit aber „Kreis und Dreieck“.

Ein anderes Beispiel ist die „Wurst“ mit ihren beiden Enden, oder noch besser ist das „Tai

Chi“ ☯ Symbol, als Beispiel für die Synthese und die zwei Hälften, weiß und schwarz, als

die symbolischen zwei Seiten der Polarität.

Man kann in einer Polarität nie die eine Seite von der anderen Seite trennen. Beide

gehören immer zusammen und gehen in der höheren Synthese harmonisch auf. Hast du

das soweit verstanden, Henry?“ „Ja, ich denke schon!“ „Gut. Dann frage ich dich, was ist die

Synthese aus „Krieg und Frieden“, oder „links und rechts“, oder „warm und kalt“, oder „blau

und orange“?

Darauf ist Henry jetzt nicht vorbereitet gewesen. Er überlegt kurz und sagt: „Äh, Moment …

ich weiß es nicht! Sag es mir!“ „Du kannst dir die Synthese weder denken noch

vorstellen! Aber du kannst mit deinem logischen Verstand bis zu der Grenze kommen, dass

du 100 %ig sicher sagen kannst, dass es eine Synthese geben muss. Du kannst sie aber nicht

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denken, da dein Denken und dein Vorstellen polar aufgebaut sind und du immer nur eine

Seite der Polarität z.B. „warm“ denken kannst, während immer gleichzeitig im Hintergrund

unsichtbar „kalt“ verborgen ist. Die Synthese ist für dich nicht wahrnehmbar!“

„Das würde bedeuten, wenn alles polar aufgebaut ist, und dass muss ich erst noch überprüfen,

dann gibt es eine Art höhere Wirklichkeit, eine Überwelt, eine Welt der Synthese, die jenseits

unserer Vorstellung und unseres Denkens liegen muss. Ist es das, was du mir damit sagen

willst?“ Henrys Ausdruck erhell sich und er beginnt Davids Ausführungen interessant zu

finden. „Gut mitgedacht. Genauso ist es! Und diese Synthese aller Synthesen nennen die

Religionen GOTT, Allah, JHWH, Krishna, Trinität, Heiliger Geist, Tao, usw.

Du kannst jetzt vielleicht auch nachvollziehen, wie albern es ist sich über GOTT zu streiten,

da man die höchste Synthese in seine kleingeistigen, polaren Denkmuster pressen möchte.

Das funktioniert nicht. Daher auch all die Meinungsverschiedenheiten über GOTT. Jeder hat

seine polare Sicht von GOTT und in Wirklichkeit ist GOTT alle Sichtweisen gleichzeitig und

noch viel mehr. So wie unser symbolischer Kegel eine Vielzahl an zweidimensionalen

Kreisen Parabeln, Hyperbeln und sogar Dreiecken (alles Querschnitte durch den Kegel), darstellt,

aber gleichzeitig ein ganzer höherer dreidimensionaler Körper ist.“

„Wenn das stimmt, was du mir erzählst und das muss ich erst noch überprüfen, dann wäre

alles, was ich wahrnehme, mein Denken und Vorstellen, nur eine Illusion im Vergleich

zur eigentlichen Wirklichkeit, der Synthese?“, schlussfolgert Henry nach einer kurzen

Ruhepause. „Sehr gut kombiniert. Ich hätte es nicht besser formulieren können. Du warst

zurecht in der Schule immer der bessere Schüler von uns zwei“, schmeichelt David.

„Um dir vielleicht noch eine bessere fühlbare Vorstellung von der „Illusionswelt – Polarität“

und der „Wirklichkeitswelt - Synthese“ zu geben, ist der Traum ein schönes, für dich

nachvollziehbares Symbol. Wenn du heute Nacht einschläfst und träumst, dass du

meinetwegen auf einem riesigen Berg Geld sitzt, dann ist dieser Zustand für dich im Traum

erst mal Realität, vorausgesetzt, du weißt nicht, dass du träumst!“ „Ja, stimmt, wobei mir

lieber wäre, dass es kein Traum ist,“ Henry bringt ein kleines Lächeln über seine ansonsten

etwas steifen Lippen. „Wenn du dann morgens wieder wach geworden bist, dann weißt du,

dass es nur ein Traum war, der zwar allen Anschein von Wirklichkeit hatte, aber letztendlich

doch nur ein Traum war. Du weißt jetzt, dass das Geld, du selbst und der Raum in dem ihr

euch befunden habt, nur Illusion waren. Kannst du dir das Gefühl gegenüber dieser

Traumwelt im Verhältnis zu deiner Wirklichkeit bewusst machen?“

„Ja, es ist zwar schade, dass das ganze Geld nur Illusion war, aber natürlich weiß ich, wovon

du redest. Ich kann das Gefühl der Irrealität und Illusion gegenüber einem Traum in der Nacht

in mir finden und ich ahne, was du mir damit sagen willst: Die „Welt der Synthese“ verhält

sich zur „Welt der Polarität“, also diese meine Vorstellungswelt, wie du sie nennst, wie „die

Welt der Polarität“ zum „Traum“! Das erinnert mich, nebenbei bemerkt, ein wenig an den

„Goldenen Schnitt“ verbunden mit dem Film „Matrix“.“ Henry hat versucht einen Scherz zu

machen, doch merkt er, dass David nicht lacht, sondern seine Verbindung von Mathematik

und Hollywood sehr ernst aufnimmt.

„Sehr gut kombiniert, Henry. Du bist ein cleveres Kerlchen. Ich habe für diese Erkenntnis viel

länger gebraucht. Aber genau das wollte ich dir sagen. Ich wollte dir ein Gefühl der Illusion

und Relativität deiner Welt geben und dir somit eine Vorstellung vermitteln, wie sich eine

höhere Stufe zu einer Niedrigeren verhält, indem ich dir eine noch niedrigere Stufe als

Verhältnisbeispiel geben, die du mit deinem Wissen fassen kannst. Arithmetisch betrachtet

liegt zwischen 7 und 8 genauso viel, wie zwischen 6 und 7, nämlich genau „1“. Wobei „6“

unser Traum ist, „7“ ist die „Welt der Polarität“, also das, was du jetzt erlebst und „8“ ist die

„Welt der Synthese“, die höhere Wirklichkeit.

Wenn du auf „7“ stehst kannst du „8“ zwar noch nicht wirklich fassen, du kannst in dir aber

ein Gefühl für diese höhere Wirklichkeit hervorrufen, wenn du dir „6“ anschaust.“

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„Mir dämmert langsam wohin das führt und ich muss sagen, dass mir mulmig zumute wird.“

Henry blickt im Raum umher, schaut sich die Menschen, die Möbel, sowie die Bar an und

spricht nachdenklich: „Dann wäre ja nichts, was uns umgibt absolute Wirklichkeit! Das würde

doch komplett die Spannung aus allem nehmen!“ „Stimmt und stimmt nicht! Es ist genauso

viel Wirklichkeit, wie in deinem Traum. Alles ist wirklich da! Fass doch das Glas an. Es ist

doch alles „echt“ und erfahrbar. Werde jetzt bloß nicht unrealistisch, Henry!“

David kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, ergänzt aber gleich, „wenn du dir einen

Film auf DVD anschaust, weißt du doch auch indirekt, dass die höhere Wirklichkeit nur aus

einem Zahlencode auf der DVD besteht und das schmälert doch auch nicht dein Vergnügen

am Film. Es hilft dir höchstens ruhig zu bleiben, wenn es zu spannend oder zu brutal wird, da

du dir ja in Erinnerung rufen kannst, dass es nur ein Film und nicht wirklich echt ist.“

„Ja. Das stimmt. So gesehen ist es eigentlich eine ziemlich große Hilfe. Wenn ich dieses

Wissen in meinem Alltag parat hätte. Ich hätte einige graue Haare und einige Sorgenfalten

weniger und wahrscheinlich hätte ich auch kein Magengeschwür bekommen.

Aber ich weiß noch nicht sicher, ob das auch alles stimmt, was du mir da erzählst. Das klingt

alles viel zu einfach, um wahr zu sein!“ „Warum machst du es denn so kompliziert? Vielleicht

ist alles viel einfacher als du es dir vorstellst? Vielleicht denkst du nur zu kompliziert und

siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht!“

„Ich will dir jetzt nicht unbedingt widersprechen, nach alledem, was du mir gerade gesagt

hast. Es kann durchaus sein, dass ich irgendwie doch nicht so einen großen Plan hatte, wie ich

es annahm. Aber ich muss das alles erst mal überdenken und verdauen.

Außerdem glaub ich, brauch ich eine kurze Pause. Ich geh mal auf die Toilette. Bin gleich

wieder da!“

Henry ist einer der besten Absolventen auf der Uni gewesen. Er hat sein BWL Studium mit

„summa cum laude“ abgeschlossen und auf dem Finanzmarkt ist er ein angesagter Manager.

Er kann sehr schnell Zusammenhänge erfassen, wenn er sich intensiver mit ihnen beschäftigt,

aber er will grundsätzlich auch nur das annehmen, was er verstehen und nachvollziehen kann.

David denkt sich mit einer liebevollen, fast väterlichen inneren Stimme: „Dies, lieber Henry,

war der erste Streich und der zweite folgt möglicherweise zugleich, nachdem du deine kleine

Auszeit auf der Toilette beendet hast.“

Henry kommt wieder und man kann sehen, dass er sich wohl das Gesicht mit Wasser

abgewaschen hat. Seine Haarspitzen sind noch ganz nass und die Augen leicht rot vom

Reiben mit den Händen.

Er hat vorher noch zwei Gläser Rotwein bestellt, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzt.

Henry schaut David an, wie ein etwas eingeschüchtertes Kind seinen Lehrer anschaut, mit

der etwas ängstlichen Frage im Gesicht „…und was kommt jetzt als nächstes?“

„Lass uns jetzt über dich sprechen, Henry. Wie sieht es eigentlich mit Geld aus?“ David kann

sehen, wie in Henry das kraftvolle Leben zurückkehrt und aus dem Schüler schnell wieder der

Meister wird, denn hierin kennt er sich nun wirklich aus. Er weiss so ziemlich alles über Geld.

Er kennt alle wichtigen Fonds, Anlagen, Kapitalbeteiligungen, sowie die Finanzlagen der

größten Firmen und Länder. Er hätte ohne Probleme aus dem Stegreif David, einen der besten

Vorträge über „Die besten Renditen weltweit“ halten können.

Jetzt ist es an ihm, David aufzuklären, denn David hat ja offensichtlich keine Ahnung von

Geld. Sein Körper erhebt sich und mit fester selbstsicherer Stimme fragt er: „Aber gern,

David, was möchtest du wissen? Es freut mich, wenn auch ich dir etwas beibringen kann,

auch wenn das Geld in die „Welt der Polaritäten“ fallen sollte, ist es ja durchaus mit das

Wichtigste in dieser Welt!“ „So, so, „das Wichtigste dieser Welt“, dann sag mir doch mal,

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was an Geld so wichtig, oder besser noch, so wertvoll ist? Du glaubst doch, dass Geld

wertvoll ist, oder Henry?“ „Aber natürlich, was für eine Frage! Das Geld ist das „Blut der

Wirtschaft“, wie wir Banker sagen…“ , „… und die Banker sind dann die Blutsauger…“

scherzt David. Henry stutz, fängt sich aber schnell wieder „Nein … äh ja, ich meine, wenn du

es so auslegen möchtest. Mir gefällt „Blutbank“ besser. Sie hilft, sozusagen als Retter in der

Not, wenn mal ein Unternehmen etwas Knapp an Blut bzw. Geld ist. Aber du hast mich

unterbrochen. Ich wollte sagen, dass das Geld das Blut der Wirtschaft ist und die Wirtschaft

bestimmt das Wohlergehen einer Gesellschaft. Geht es der Wirtschaft gut, geht es den

Menschen gut. Dann kann das Gesundheitssystem stabilisiert werden, die Bildung gefördert

werden, die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden usw. und das alles hängt vom

jeweiligen Geldbeutel, oder besser gesagt von der Finanzkraft des Landes ab! Ohne Geld

keinen Wohlstand! So einfach ist das!“

„Ist es das wirklich? Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Du bist ihr nur

ausgewichen!“ „Wie ausgewichen? Wieso? Welcher Frage bitte noch mal?“ „Was an Geld

wertvoll ist?“ „Geld an sich hat keinen Wert, wenn du das meinst. Das Material oder die

Zahlen auf dem Konto haben nichts mit dem eigentlichen Wert zu tun. Geld hat einen

Tauschwert. Du kannst für Geld andere Waren bekommen, ohne andere Waren eintauschen

zu müssen. Geld ist viel handlicher und praktischer, als mit einem Sackkarren voller Waren

rumzulaufen und zufällig jemanden zu finden, der das braucht, was ich habe, und der zufällig

auch das hat, was ich brauche!“

„Das bestreitet auch niemand“, David lässt nicht locker, „du sollst mir nur verraten warum

jeder glaubt, dass Geld wertvoll ist, wenn doch gar nichts wertvolles an Geld ist!“

Henry überlegt kurz, dann versucht er David den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Ah, jetzt

weiß ich worauf du anspielst. Du spielst auf die Tatsache an, dass das heutige Geld schon

lange keine Golddeckung mehr hat. Es wird von den Banken, besonders in den westlichen

Ländern, im Prinzip aus dem Nichts erschaffen. Wir nennen das „Fiat Money“, die

Bezeichnung stammt aus der Bibel von „Fiat Lux“ (Es werde Licht) glaube ich. Mit „Es

werde Geld“ ist gemeint, dass das Geld einfach aus dem Nichts generiert wird. Ich weiß, dass

private Banken das Geld für die Staaten und Regierungen drucken bzw. mittels Tastatur in

einen Computer eingeben und es an sie gegen Zinsen verleihen. Na und…? Natürlich ist das

im Prinzip die größte Verarsche, die die Welt je gesehen hat, aber…!“ „Henry“, unterbricht

ihn David „Du brauchst mir hier nichts zu beichten. Ich hab kein Problem damit. Ich weiß das

alles. Aber was ist mit meiner Frage? Was ist an Geld wertvoll?“

„NICHTS, gar nichts ist an Geld wertvoll. Es ist bedrucktes Papier oder Zahlen auf einem

Konto, die rein imaginär sind. Es hat selbst keine Wertsubstanz! Ist es dass, was du wissen

willst!“ „Und warum will es dann jeder haben, Henry?“ „Weil wir es schon immer so gelernt

haben. Jeder hat von klein auf beigebracht bekommen, dass Geld wertvoll ist. Mit Gold ist es

doch genauso. Was ist an Gold schon wertvoll? Mal von Zahnersatz, Kunstwerken und

einigen Industrieprodukten abgesehen, ist es doch zu nichts weiter zu gebrauchen!“

Jetzt bemerkt Henry, dass er sich selbst in den Rücken gefallen ist. Instinktiv weiß er es schon

immer, aber so richtig hat er nicht gewagt darüber nachzudenken. Erst durch den Druck von

David, konnte oder musste er die unsichtbare Grenze überqueren, die sein scheinbar festes

Weltbild vom „Geldbild“ umgab.

„Ja du hast recht, David. Geld ist eigentlich wertlos!“, gibt Henry etwas kleinlaut wiederholt

zu. Er verliert jetzt immer mehr die Haltung und scheint gerade seine letzte Festung verloren

zu haben. „Nein, das stimmt nicht, Henry. Es gibt etwas, was hinter dem Geld steht und

wodurch das Geld wertvoll wird!“ „Was meinst du?“ „Du hast es gerade gesagt: Es ist der

Glaube an das Geld! Die Menschen glauben, dass Geld oder auch Gold wertvoll sind,

obwohl an ihnen überhaupt nichts wirklich wertvolles ist! Der Glaube des Menschen ist

es, was die Dinge wertvoll macht!“

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Henry überlegt kurz, dann scheint er zu verstehen: „Dann gilt das gleiche für Bilder,

Kunstwerke, Antiquitäten, Reliquien und vieles andere auch!“

„Völlig richtig Henry. Du bist halt ein heller Kopf.“ Henry weiß nicht ob David das ernst

gemeint hat, oder ob er sich gerade lustig gemacht hat. Vielleicht beides zugleich!

„Ich will dir noch ein anderes Beispiel geben, Henry: Nimm doch mal die Briefmarke „die

Blaue Mauritius“. Ihr angeblicher Versicherungswert, so hab ich gehört, liegt bei ca. einer

Millionen Dollar. Was ist an einem kleinen, fehlerhaften und bereits abgestempelten

Papierschnipsel denn so wertvoll?“

„Die Einzigartigkeit und Seltenheit natürlich!“, verteidigt Henry die Briefmarke. David riss

ein Stückchen, in der Größe einer Briefmarke, von seinem Bierdeckel ab und hielt sie Henry

vor das Gesicht: „Was unterscheidet die „Blaue Mauritius“ von diesem Schnipsel hier? Auch

er ist einzigartig und selten. Du wirst nie wieder einen solchen Schnipsel finden, der genau

diese Reißkanten hat!“

Henry starrt den Schnipsel eine Weile an und sagt: „Ich glaube, ich fange an zu verstehen,

was du damit sagen willst. Man muss den Menschen nur glauben machen, etwas sei wertvoll

und dann ist es auch wertvoll, aber nur deshalb, weil sie es glauben. Der Glaube ist der Wert

hinter den Dingen!“ Er macht eine kurze Pause und folgert weiter „Wenn ich das recht

bedenke, funktioniert im Prinzip die ganze Börse nach dieser Grundregel! Der Glaube ist es,

der den Wert schafft!“ „Richtig, genau das habe ich versucht dir zu vermitteln. Das Wort

„Geld“ hängt mit „Geltung / gelten / das, was gilt“ zusammen, und das, was wirkliche

Geltung hat, ist der „Glaube des Menschen“!“

Henrys Gesicht entspannt sich. Innerlich hat er gerade kapituliert. Ihm geht seine großartige

Bildersammlung durch den Kopf, die er immer ganz stolz all seinen Freunden und Besuchern

bei sich zu Hause, als langfristige und sichere Wertanlage, präsentiert hat, denn mit jedem

Jahr ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Künstler stirbt größer.

David nimmt das Gespräch, nach einer kurzen Pause des verstehenden Schweigens, als erster

wieder auf: „Wenn ich jetzt ein Heiliger wäre, was glaubst du, ist dann dieser

Bierdeckelschnipsel hier wert? Wo doch mein Fingerabdruck darauf ist?“ „Wenn du einen

Dummkopf finden würdest, der das glaubt, dann würde er vermutlich einiges dafür zahlen und

wir könnten ein riesen Geschäft mit deiner Person machen!“ „Du denkst schon wieder nur ans

Geld! Aber grundsätzlich hast du recht. Er würde uns, für den kleinen Schnipsel mit meinem

Fingerabdruck, notariell beglaubigt natürlich, einen Berg von ebenso wertlosen Schnipsels,

nämlich Geld, geben. Wir verarschen uns also gegenseitig, sind aber beide glücklich. Ein

guter Tausch, nicht wahr!“ David grinst und Henry wird immer mehr die Absurdität dieses

Spieles, das die Menschheit schon so lange zu spielen scheint, bewusst. „Das ist ja, wie bei

Monopoly, ich tausche Zettel gegen Zettel, das ist das ganze Spiel. Doch die Menschen haben

sich mittlerweile so sehr verzettelt, dass sie den Zettel nicht mehr von der Wirklichkeit

unterscheiden können. Den Schein des (Geld)Scheins nicht mehr sehen“, folgert Henry und

grinst, weil ihm aufgefallen ist, dass „Schein“ „nur Illusion sein“ bedeutet, aber auch die

Abkürzung für Geldschein ist.

„Ist das Zufall“, denkt er sich, „oder ist doch etwas dran, an dem lateinischen Sprichwort

„nomen est omen“ („Im Namen liegt die Vorbedeutung“)? Der Geld-schein gilt nur zum Schein.“

„…oder mit Shakespeare gesagt: Der ganze Wahn ums Geld bedeutet im Kern: „Viel Lärm

um Nichts!“, ergänzt David.

„Jetzt wird mir auch die Verbindung der Banken zu den Medien und der Politik klar. Im

Prinzip weiß ich, dass alle Banken der westlichen Welt miteinander vernetzt sind und dadurch

alle unter einer Decke stecken. Sie beherrschen oder kontrollieren direkt und indirekt die

Massenmedien aufgrund ihrer Geldmacht und Werbekraft, und die Massenmedien

kontrollieren den Glauben der Masse der Bevölkerung, und damit die Wahlen in der Politik,

so dass auch die Politik direkt und indirekt gesteuert wird. Die Politik und der jeweilige Staat

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selbst, sowie der Anzug und die Krawatte des Bankers, wiederum geben dem Geld ein

seriöses Äußeres. Dadurch ist gesichert, dass die Menschen glauben, nichts anderes zu hören,

als dass Geld wertvoll ist und nie auf den Gedanken kommen zu fragen, was an Geld

überhaupt wertvoll ist, oder vielleicht das ganze System in Frage stellen. Die Menschen

tauschen ihre eigentlichen Werte, wie Häuser oder ihre Arbeitskraft bei der Bank gegen

Geld, also nur bedrucktes Papier oder Zahlen auf dem Kontoauszug ein. Der Banker

bekommt die Wertzusicherung des Geldes nur durch das Pfand (z.B. das Haus), was der

Schuldner ihm überschreibt. Das Geld entsteht dann aus dem Nichts! Extrem dreist, aber doch

irgendwie genial!“ Henry ist von seiner kurzen Zusammenfassung selbst ganz überrascht.

Scheint er es doch intuitiv immer gewusst oder geahnt zu haben.

David ergreift wieder das Wort und sagt: „Es ist wie in dem Märchen „Des Kaisers neue

Kleider“. Erst der unwissende kleine Junge spricht aus, dass der Kaiser gar keine Kleider an

hat! Die Massenmedien versuchen in der Regel nur zu manipulieren und den Menschen einen

vorgegebenen Glauben einzuhämmern (Geld ist das Wichtigste) bzw. Angst zu machen

(Vogelgrippe, Terrorismus, Unfälle, Überfälle, etc.), weil die Masse am besten durch die Angst

gesteuert werden kann. Sagte ich dir nicht schon vor Jahren, dass Zeitung lesen dumm macht!

Du hast dich über diese Ansicht immer lustig gemacht und mich als „netten, aber weltfremden

Spinner“ bezeichnet!“ David kann sich diesen letzten kleinen vielleicht etwas überzogenen

Seitenhieb nicht verkneifen, weil er weiß wie stolz Henry auf seine Allgemeinbildung ist, die

er regelmäßig durch das Studium der verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen aufrecht

erhält.

Jetzt langsam ist der Höhepunkt dieser Unterhaltung gekommen und David holt zum letzten

Schlag aus: „Und nun zurück zu deiner Frage, Henry.“ „Frage, welche Frage, ich habe keine

Fragen mehr, zumindest im Moment will ich gar nichts mehr wissen!“ „Deine Frage am

Anfang unseres Gespräches war, ob ich denn bei all meinen Studien überhaupt noch Realist

bleiben kann? Um dir diese Frage zu beantworten, musste ich dir all das vorher erklären.

Jetzt kannst du selbst entscheiden: Der eine versucht, das, was offensichtlich ist, wenn man

seine Augen und seinen Verstand auch wirklich benutzt, zu verstehen, und der andere

verstrickt sich in Illusionen und rennt sein leben lang hinter einem Trugbild Namens „Geld“

her, von dem er nie genug bekommen kann und glaubt ohne dies nicht zu überleben! Wer von

uns beiden ist nun der größere Realist?“

Henry schweigt eine Minute, die ihm wie eine Ewigkeit vorkommt und in der sich sein, wie er

glaubt, so logisches festes Weltbild, wie ein Luftschloss aufzulösen beginnt.

„O.K. Du hast gewonnen. Ich gebe auf. Und was soll ich jetzt machen?“ fragt Henry sichtlich

hilflos und resignierend, „99,9 % aller Menschen funktionieren aber nach meinem Glauben

von „Geld ist wertvoll und es muss so viel wie möglich davon her“ und „ohne Geld kein

Leben“!“, versucht er sich ein letztes mal zu verteidigen.

„Da fällt mir nur ein Zitat ein: Fresst Scheiße, Millionen von Fliegen können sich nicht irren!

Oder mit der Bibel etwas vornehmer ausgedrückt: Mt 7,13 „Breit ist der Weg der Masse in die

Verderbnis und schmal ist der Weg ins Himmelreich, den nur wenige gehen“ und dazu

ergänzend noch Mt 6,24 „Du kannst nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon“!“

Henry ist auf diese direkte Antwort nicht vorbereitet gewesen, fängt sich aber schnell wieder

und erwidert: „Du kannst mich jetzt nicht mit einem schlauen Spruch und zwei Bibelzitaten

abspeisen. Erst gibst du mir eine Watsche nach der anderen, dann erschütterst bzw. zerstörst

du innerhalb von einer Stunde mein ganzes Weltbild, ruinierst nebenbei meine

Kunstsammlung und verdirbst mir möglicherweise den Spaß an meiner Arbeit, die mir vorher

soviel Vergnügen bereitet hat. Also lass mich jetzt nicht so in der Luft hängen!“

„Es ist alles nicht so schlimm, wie es dir vielleicht im Moment erscheint.

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Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du vergisst und verdrängst, was ich bzw. du dir selbst

gerade alles gesagt hast, dann wird im Prinzip alles wieder so sein wie früher, oder du

versuchst einfach nur zu verstehen, wie alles funktioniert, ohne etwas zu verurteilen!“

„Wie meinst du das, ich müsste nur verstehen, wie alles funktioniert ohne zu verurteilen und

ohne etwas zu unternehmen?“

„Mit „verstehen“ meine ich ein passives Verhalten, kein aktives „Machen müssen“ oder

„Handeln müssen“. Aus der Sicht der „Welt der Synthese“ macht Alles Sinn! Kein Mensch

ist, von dieser höheren Stufe aus betrachtet, schuldig und müsste bestraft werden. Du hast

auch nie etwas „falsch“ gemacht, Henry, das kannst du gar nicht. Du hast dich nur

verschiedenen Erfahrungen innerhalb der Polarität hingegeben, über die du das Gefühl von

angenehm und unangenehm bekommen hast. Alles ist, von oben gesehen, sehr GUT!“

„Ich verstehe im Moment überhaupt nichts mehr. Jetzt soll wieder alles „sehr gut“ sein. Wo

ich doch gerade meine kleine Welt zusammenbrechen sah. Und überhaupt wieso gibt es

keinen der „Schuld“ hat und wieso kann ich nichts „Falsches“ machen? Was ist eigentlich

noch Realität und was ist Illusion? Bin ich oder du verrückt, David?“

„Beide und keiner! Je nach Standpunkt, von welchem man das Ver-rückt-sein betrachten

will!“, grinst David. „Nein, sag lieber gar nichts mehr. Deine Antworten verwirren mich nur

noch mehr, als dass sie Klarheit schaffen!“

Henry sieht aus, als würde er sich im nächsten Moment gerne freiwillig in eine psychische

Behandlung geben.

David erkennt, dass er vielleicht ein bisschen zu weit gegangen ist. Es ist schon etwas unfair

von ihm, Henry, der nur wenig Hintergrund über die geistigen Zusammenhänge besitzt, mit

seinen Erkenntnissen, die sich in all den Jahren langsam entwickelt haben, innerhalb von einer

Stunde zu konfrontieren. Schließlich mag er Henry und das Gespräch sollte eigentlich nur

zum besten Henrys sein, aber wie es scheint war dieser mehr am Verzweifeln, als vor Glück

und Verstehen in die Höhe zu springen. Aber die Ernüchterungs- und Entzugsphasen sind nie

angenehm!

Da fällt ihm das Buch ein, was er zufällig heute in seine Tasche gesteckt hat, um vielleicht im

Park am Nachmittag noch etwas weiter zulesen. Er kam zwar nicht dazu, aber wie es scheint,

hat es doch seinen Sinn gehabt, es einzupacken und mit rumzuschleppen. Er zieht es aus

seiner Tasche und überreicht es dem etwas verwirrt dreinschauenden Henry.

„Hier, für dich! Vielleicht hilft es dir ein Stückchen weiter, beim Verstehen, wie die

Schöpfung funktioniert!“

„Der Schöpfungsschlüssel“ liest Henry den Titel des Buches laut vor.

„Es wirkt am Anfang etwas trocken und theoretischer, als es in Wirklichkeit ist. Denn hast du

den Grundaufbau erst mal verstanden, dann wirst du, dich und deine Welt, sehr viel mehr

verstehen können. Viel Spaß dabei!“ faßt David das Buch kurz zusammen.

Henry zögert, ob er noch ein „Geschenk“ von David heute psychisch verkraften kann, doch

dann entschloss er sich das Buch dankend einzupacken.

„David, es tut mir leid, aber das ist alles zu viel für mich an einem Abend. Du hast mein

ganzes Weltbild zerstört und wie ich jetzt erkenne meinen „Herrn“, das Geld, von seinem

Thron geholt. Ich muss das alles erst in Ruhe überdenken.

Ich kann mich jetzt mit dir nicht weiter unterhalten. Es ist schon zu viel. Meine Kapazität ist

mehr als überfüllt. Schau mal meine Hand an, sie fängt schon das Zittern an. Das passiert

immer, wenn ich zu nervös werde. Entschuldige, aber ich glaube ich muss jetzt gehen.

Ich melde mich bei dir wieder, sobald ich unser Gespräch etwas verdaut und eventuell das

Buch gelesen habe.

Falls das stimmt, was du mir alles erzählt hast, dann wird sich in meinem Leben etwas ändern

müssen. Du hörst von mir!

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Dieser Abend geht übrigens auf mich, ich hab der Kellnerin schon bescheid gesagt. Bis

bald!…

… Ach und David, auch, wenn ich es im Moment noch gar nicht wirklich wertschätzen kann,

vielen Dank für das Gespräch!“

David lächelt ihn liebevoll an und blickt Henry noch nach, bis er hinter der Tür verschwindet,

dann lehnt er sich zurück, genießt einen Schluck Wein und schmunzelt, weil er weiß, wie sich

Henry jetzt fühlen muss. Ihm erging es früher oft ähnlich. Allerdings hatte er nie so eine

heftige Dosis an Erkenntnis in so kurzer Zeit bekommen, wie sie heute Henry bekam.

„Es ist schon hart, wenn es, von jetzt auf gleich, den Anschein hat, dass man den Boden, auf

dem man steht, unter sich verliert. Aber je eher der Mensch den Lug und Trug durchschaut,

desto besser. Wie heißt es doch so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken

ohne Ende.

Er hat jetzt vom Schicksal eine neue Chance bekommen, sich zu öffnen, seine alten

Glaubensmuster zu durchbrechen und neues Wissen aufzunehmen, um die GÖTTLICHE

Schöpfung ein bisschen mehr zu verstehen.

Vielleicht wird es sie nutzen, vielleicht auch nicht.

Ich bin mal gespannt auf unser nächstes Gespräch!“, denkt sich David im Stillen.

 

Zwei alte Freunde haben sich in einer kleinen Bar in der Schweiz zu einem kleinen

Abendtrunk verabredet. Sie kennen sich seit ihrem gemeinsamen Abitur und haben sich schon

seit sieben Jahren, nicht mehr gesehen.

Beide sind erfreut einander wiederzusehen und fallen sich herzlichst in die Arme.

Henry hat nach dem Abitur eine Lehre als Bankkaufmann abgeschlossen, danach

Betriebswirtschaft studiert und ist bei einem größeren Versicherungs- und Bankhaus im

Management beschäftigt. David dagegen hat Religionswissenschaft, Philosophie,

Mathematik, Sprachwissenschaften und Physik studiert, jedoch alle Studiengänge nach dem

zweiten oder dritten Semester wieder abgebrochen und beschlossen zu Hause auf eigene Faust

zu studieren. Er hat viele Reisen zu den entferntesten Orten gemacht und mit den

verschiedensten Leuten gesprochen, war immer ein guter Schüler und wissbegierig zu

erfahren und zu verstehen, nach welchen Mustern, Gesetzen und Regeln die Schöpfung

funktioniert. Nicht nur die Regeln der Materie, sondern vor allem auch die Regeln und

Gesetze des Geistes interessierten ihn sehr.

Nach der Begrüßung und dem Bestellen der Getränke beginnt das nun folgende Gespräch

zwischen den ehemals gleichen Freunden.

(Stellen Sie sich vor, Sie sitzen als unsichtbarer Dritter mit am Tisch und hören jetzt aufmerksam dieses

Gespräch mit!)

„Sag mal David, was willst du eigentlich mit deinem Studium erreichen?“

„Ich will eigentlich nur verstehen, wie die Schöpfung funktioniert. Ich habe keine Ziele, auf

die ich hinarbeite.“ „Aber von irgendwas musst du doch leben können, wenn du mal älter

bist.“ „Ich lebe eigentlich ganz gut. Schon seit ich mit meinen eigenen Reisen und Studien

begonnen habe, fehlte es mir an nichts. Es war und ist immer alles im Überfluss vorhanden.“

„Aber wer zahlt denn die Reisen und deine Verpflegung? Woher kommt denn das Geld für

all deine Bücher und Kleidung?“ „Das ergibt sich so. Entweder werde ich eingeladen oder ich

bekomme eine Gelegenheit mir etwas zu verdienen. Meist ist aber irgendein „Wunder“ im

Spiel. Es geschieht etwas, womit keiner gerechnet hat.“ „Du versuchst mir auszuweichen.

Kein Mensch kann ohne Geld existieren, zumindest nicht menschenwürdig leben. Geld regiert

nun mal die Welt, da kommt keiner vorbei und jeder der es versucht, wird irgendwann auf der

Straße landen und von der Sozialhilfe, das heißt auf Kosten der Gesellschaft, leben. Und

solche Schmarotzer sind mir wirklich zu wider! Zu faul eigenes Geld zu verdienen und dafür

bei anderen zu saugen, wie die Zecke am Hals. Nein, so was verabscheue ich zutiefst.“ Henry

verzog eine so verachtenswürdige Mine, dass jeder, nur allein beim Gedanken an Sozialhilfe,

sich schämen musste.„Ich kann dich beruhigen“, sagt David, „Ich lebe nicht von Sozialhilfe.

Du kannst also ruhig mit mir weiterreden!“ „Na ja, das hätte ich von dir auch nicht erwartet.“

Henry lächelte und nahm einen Schluck aus seinem Rotweinglas.

„Sag mal David“, bohrt Henry weiter, „kann man denn bei all deinen Studien überhaupt noch

Realist bleiben?“ „Wie meist du das?“, fragt David. „Nun ja, ich meine, bei all deinen

geistigen Spinnereien, … ich meine Ansichten, kann man da noch auf dem Boden der

Tatsachen bleiben? Ich meine, ob man da nicht sehr schnell abhebt, bei dieser „nach Gott

Suche“ und so? Glaubst du denn an Gott, ich meine so richtig?“ Henry verzog wieder das

Gesicht, nur diesmal eher etwas mitleidig.

„Was soll ich dir sagen, Henry. Es wird schwierig für mich dir meinen Standpunkt zu

vermitteln, der auf all meinen Erfahrungen und all meinem Wissen beruht, aber trotzdem will

ich es versuchen. Weißt du, was „Polarität“ ist?“ „Äh na ja, … schon irgendwie. Das

bedeutet doch, dass es immer zwei Möglichkeiten gibt, also immer zwei Seiten einer

Medaille, oder?“ „Ja, so ähnlich. Eine Polarität zeichnet sich dadurch aus, dass die eine Seite

immer mit der anderen untrennbar, gleichzeitig auftreten muss, obwohl sie sich eigentlich

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vom Grunde her beide widersprechen. Du kannst aber immer nur eine Seite wahrnehmen,

während die andere Seite parallel verborgen ist. Wenn du „Krieg“ in deinem Bewusstsein

hast, dann ist der „Frieden“ die Gegenseite, die unsichtbar im Hintergrund den Kontrast

bildet. Ohne einen Kontrast oder Unterschied kannst du nichts wahrnehmen. Alles, was du

wahrnimmst ist letztendlich polar aufgebaut. Jede Farbe hat ihre Komplementärfarbe und

erst im Hintergrund von der einen kannst du die anderen sehen. Du kannst das Prinzip noch

schön beim Photographieren mit einem Photofilm sehen. Es gibt immer ein Dianegativ und

ein Diapositiv, die zusammen reines, weißes, unsichtbares Licht ergeben. Zu „links“ gehört

„rechts“, zu „warm“ gehört „kalt“, zu „hell“ gehört „dunkel“ und zu der „Stille“ gehört das

„Geräusch“. Jeweils zwischen der Polarität entstehen unendlich viele „Zwischenstufen“, die

von einem extremen Pol zum anderen führen. Schön erkennen, kannst du es an dem polaren

Beispiel der Farben von „Schwarz“ und „Weiß“, denn es liegen unendlich viele „Grautöne“

dazwischen.“

David macht eine kurze Pause, um das gerade gesagte bei Henry wirken zu lassen, bis er dann

fortfährt: „Etwas allgemeiner formuliert, würde es bedeuten, dass aus der Polarität die

unendliche Vielfalt resultiert und jede Position innerhalb der Polarität eine mögliche

Sichtweise darstellt!

Wenn du ein bisschen darüber nachdenkst, wirst du feststellen, dass du alles nur

aufgrund eines Gegensatzes wahrnehmen kannst. Selbst dieses Glas hier kann nur

existieren, weil es, etwas abstrakt formuliert, einen Hintergrund gibt, der „Nicht-Glas“ ist.

Kannst du mir soweit folgen?“

„Hm. Ich weiß nicht, ob das alles so stimmt. Das müsste ich mir erst mal durch den Kopf

gehen lassen, aber es scheint so zu sein! Ich glaube, ich hab schon mal was darüber in einem

Managertraining gehört.“ „Gut, hat dein Studium zumindest eine kleine Frucht

hervorgebracht!“ „Wie meinst du das?“, fragt Henry etwas irritiert und erstaunt über so eine

spitzfindige Bemerkung. „Das sage ich dir am Ende. Lass mich erst mal weiter erklären. Du

willst doch eine Antwort auf deine Fragen haben, oder nicht?“ „Ja natürlich irgendwie schon,

also fahre fort, aber heb jetzt nicht ab.“ „Nein, keine Angst. Ich bin mehr Realist, als du

glaubst. Und ich behaupte sogar, dass ich ein weitaus größerer Realist bin, als du!“

Henrys Gesichtsmimik verrät etwas Irritation, denn so ein ausführliches Gespräch auf seine

doch eher flapsige Bemerkung über Davids Studium hat er nicht erwartet. Aber David erklärt

weiter: „Also, jetzt zurück zu unserer Polarität. Ein weiteres wichtiges Kriterium der Polarität

ist die Synthese. Jede Polarität hat nämlich auf einer höheren Stufe eine Synthese, die

jeweils beide Pole gleichzeitig enthält und einen höheren Komplex bildet. Ich will dir ein paar

Beispiele geben, die zwar selbst noch polar sind, aber schon das Prinzip der Synthese

verdeutlichen können: Die Münze: sie hat zwei Seiten und beide Seiten benötigen einander als

Kontrast (Kopf und Zahl), wobei sie beide gleichzeitig in der höheren Synthese, der Münze,

aufgehen. Genauso ist es mit dem mathematischen Kegel. Er ist auf einer zweidimensionalen

unteren Ebene entweder „Kreis“ oder „Dreieck“, in Wirklichkeit aber „Kreis und Dreieck“.

Ein anderes Beispiel ist die „Wurst“ mit ihren beiden Enden, oder noch besser ist das „Tai

Chi“ Symbol, als Beispiel für die Synthese und die zwei Hälften, weiß und schwarz, als

die symbolischen zwei Seiten der Polarität.

Man kann in einer Polarität nie die eine Seite von der anderen Seite trennen. Beide

gehören immer zusammen und gehen in der höheren Synthese harmonisch auf. Hast du

das soweit verstanden, Henry?“ „Ja, ich denke schon!“ „Gut. Dann frage ich dich, was ist die

Synthese aus „Krieg und Frieden“, oder „links und rechts“, oder „warm und kalt“, oder „blau

und orange“?

Darauf ist Henry jetzt nicht vorbereitet gewesen. Er überlegt kurz und sagt: „Äh, Moment …

ich weiß es nicht! Sag es mir!“ „Du kannst dir die Synthese weder denken noch

vorstellen! Aber du kannst mit deinem logischen Verstand bis zu der Grenze kommen, dass

du 100 %ig sicher sagen kannst, dass es eine Synthese geben muss. Du kannst sie aber nicht

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denken, da dein Denken und dein Vorstellen polar aufgebaut sind und du immer nur eine

Seite der Polarität z.B. „warm“ denken kannst, während immer gleichzeitig im Hintergrund

unsichtbar „kalt“ verborgen ist. Die Synthese ist für dich nicht wahrnehmbar!“

„Das würde bedeuten, wenn alles polar aufgebaut ist, und dass muss ich erst noch überprüfen,

dann gibt es eine Art höhere Wirklichkeit, eine Überwelt, eine Welt der Synthese, die jenseits

unserer Vorstellung und unseres Denkens liegen muss. Ist es das, was du mir damit sagen

willst?“ Henrys Ausdruck erhell sich und er beginnt Davids Ausführungen interessant zu

finden. „Gut mitgedacht. Genauso ist es! Und diese Synthese aller Synthesen nennen die

Religionen GOTT, Allah, JHWH, Krishna, Trinität, Heiliger Geist, Tao, usw.

Du kannst jetzt vielleicht auch nachvollziehen, wie albern es ist sich über GOTT zu streiten,

da man die höchste Synthese in seine kleingeistigen, polaren Denkmuster pressen möchte.

Das funktioniert nicht. Daher auch all die Meinungsverschiedenheiten über GOTT. Jeder hat

seine polare Sicht von GOTT und in Wirklichkeit ist GOTT alle Sichtweisen gleichzeitig und

noch viel mehr. So wie unser symbolischer Kegel eine Vielzahl an zweidimensionalen

Kreisen Parabeln, Hyperbeln und sogar Dreiecken (alles Querschnitte durch den Kegel), darstellt,

aber gleichzeitig ein ganzer höherer dreidimensionaler Körper ist.“

„Wenn das stimmt, was du mir erzählst und das muss ich erst noch überprüfen, dann wäre

alles, was ich wahrnehme, mein Denken und Vorstellen, nur eine Illusion im Vergleich

zur eigentlichen Wirklichkeit, der Synthese?“, schlussfolgert Henry nach einer kurzen

Ruhepause. „Sehr gut kombiniert. Ich hätte es nicht besser formulieren können. Du warst

zurecht in der Schule immer der bessere Schüler von uns zwei“, schmeichelt David.

„Um dir vielleicht noch eine bessere fühlbare Vorstellung von der „Illusionswelt – Polarität“

und der „Wirklichkeitswelt - Synthese“ zu geben, ist der Traum ein schönes, für dich

nachvollziehbares Symbol. Wenn du heute Nacht einschläfst und träumst, dass du

meinetwegen auf einem riesigen Berg Geld sitzt, dann ist dieser Zustand für dich im Traum

erst mal Realität, vorausgesetzt, du weißt nicht, dass du träumst!“ „Ja, stimmt, wobei mir

lieber wäre, dass es kein Traum ist,“ Henry bringt ein kleines Lächeln über seine ansonsten

etwas steifen Lippen. „Wenn du dann morgens wieder wach geworden bist, dann weißt du,

dass es nur ein Traum war, der zwar allen Anschein von Wirklichkeit hatte, aber letztendlich

doch nur ein Traum war. Du weißt jetzt, dass das Geld, du selbst und der Raum in dem ihr

euch befunden habt, nur Illusion waren. Kannst du dir das Gefühl gegenüber dieser

Traumwelt im Verhältnis zu deiner Wirklichkeit bewusst machen?“

„Ja, es ist zwar schade, dass das ganze Geld nur Illusion war, aber natürlich weiß ich, wovon

du redest. Ich kann das Gefühl der Irrealität und Illusion gegenüber einem Traum in der Nacht

in mir finden und ich ahne, was du mir damit sagen willst: Die „Welt der Synthese“ verhält

sich zur „Welt der Polarität“, also diese meine Vorstellungswelt, wie du sie nennst, wie „die

Welt der Polarität“ zum „Traum“! Das erinnert mich, nebenbei bemerkt, ein wenig an den

Goldenen Schnitt“ verbunden mit dem Film „Matrix“.“ Henry hat versucht einen Scherz zu

machen, doch merkt er, dass David nicht lacht, sondern seine Verbindung von Mathematik

und Hollywood sehr ernst aufnimmt.

„Sehr gut kombiniert, Henry. Du bist ein cleveres Kerlchen. Ich habe für diese Erkenntnis viel

länger gebraucht. Aber genau das wollte ich dir sagen. Ich wollte dir ein Gefühl der Illusion

und Relativität deiner Welt geben und dir somit eine Vorstellung vermitteln, wie sich eine

höhere Stufe zu einer Niedrigeren verhält, indem ich dir eine noch niedrigere Stufe als

Verhältnisbeispiel geben, die du mit deinem Wissen fassen kannst. Arithmetisch betrachtet

liegt zwischen 7 und 8 genauso viel, wie zwischen 6 und 7, nämlich genau „1“. Wobei „6“

unser Traum ist, „7“ ist die „Welt der Polarität“, also das, was du jetzt erlebst und „8“ ist die

„Welt der Synthese“, die höhere Wirklichkeit.

Wenn du auf „7“ stehst kannst du „8“ zwar noch nicht wirklich fassen, du kannst in dir aber

ein Gefühl für diese höhere Wirklichkeit hervorrufen, wenn du dir „6“ anschaust.“

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„Mir dämmert langsam wohin das führt und ich muss sagen, dass mir mulmig zumute wird.“

Henry blickt im Raum umher, schaut sich die Menschen, die Möbel, sowie die Bar an und

spricht nachdenklich: „Dann wäre ja nichts, was uns umgibt absolute Wirklichkeit! Das würde

doch komplett die Spannung aus allem nehmen!“ „Stimmt und stimmt nicht! Es ist genauso

viel Wirklichkeit, wie in deinem Traum. Alles ist wirklich da! Fass doch das Glas an. Es ist

doch alles „echt“ und erfahrbar. Werde jetzt bloß nicht unrealistisch, Henry!“

David kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, ergänzt aber gleich, „wenn du dir einen

Film auf DVD anschaust, weißt du doch auch indirekt, dass die höhere Wirklichkeit nur aus

einem Zahlencode auf der DVD besteht und das schmälert doch auch nicht dein Vergnügen

am Film. Es hilft dir höchstens ruhig zu bleiben, wenn es zu spannend oder zu brutal wird, da

du dir ja in Erinnerung rufen kannst, dass es nur ein Film und nicht wirklich echt ist.“

„Ja. Das stimmt. So gesehen ist es eigentlich eine ziemlich große Hilfe. Wenn ich dieses

Wissen in meinem Alltag parat hätte. Ich hätte einige graue Haare und einige Sorgenfalten

weniger und wahrscheinlich hätte ich auch kein Magengeschwür bekommen.

Aber ich weiß noch nicht sicher, ob das auch alles stimmt, was du mir da erzählst. Das klingt

alles viel zu einfach, um wahr zu sein!“ „Warum machst du es denn so kompliziert? Vielleicht

ist alles viel einfacher als du es dir vorstellst? Vielleicht denkst du nur zu kompliziert und

siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht!“

„Ich will dir jetzt nicht unbedingt widersprechen, nach alledem, was du mir gerade gesagt

hast. Es kann durchaus sein, dass ich irgendwie doch nicht so einen großen Plan hatte, wie ich

es annahm. Aber ich muss das alles erst mal überdenken und verdauen.

Außerdem glaub ich, brauch ich eine kurze Pause. Ich geh mal auf die Toilette. Bin gleich

wieder da!“

Henry ist einer der besten Absolventen auf der Uni gewesen. Er hat sein BWL Studium mit

„summa cum laude“ abgeschlossen und auf dem Finanzmarkt ist er ein angesagter Manager.

Er kann sehr schnell Zusammenhänge erfassen, wenn er sich intensiver mit ihnen beschäftigt,

aber er will grundsätzlich auch nur das annehmen, was er verstehen und nachvollziehen kann.

David denkt sich mit einer liebevollen, fast väterlichen inneren Stimme: „Dies, lieber Henry,

war der erste Streich und der zweite folgt möglicherweise zugleich, nachdem du deine kleine

Auszeit auf der Toilette beendet hast.“

Henry kommt wieder und man kann sehen, dass er sich wohl das Gesicht mit Wasser

abgewaschen hat. Seine Haarspitzen sind noch ganz nass und die Augen leicht rot vom

Reiben mit den Händen.

Er hat vorher noch zwei Gläser Rotwein bestellt, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzt.

Henry schaut David an, wie ein etwas eingeschüchtertes Kind seinen Lehrer anschaut, mit

der etwas ängstlichen Frage im Gesicht „…und was kommt jetzt als nächstes?“

„Lass uns jetzt über dich sprechen, Henry. Wie sieht es eigentlich mit Geld aus?“ David kann

sehen, wie in Henry das kraftvolle Leben zurückkehrt und aus dem Schüler schnell wieder der

Meister wird, denn hierin kennt er sich nun wirklich aus. Er weiss so ziemlich alles über Geld.

Er kennt alle wichtigen Fonds, Anlagen, Kapitalbeteiligungen, sowie die Finanzlagen der

größten Firmen und Länder. Er hätte ohne Probleme aus dem Stegreif David, einen der besten

Vorträge über „Die besten Renditen weltweit“ halten können.

Jetzt ist es an ihm, David aufzuklären, denn David hat ja offensichtlich keine Ahnung von

Geld. Sein Körper erhebt sich und mit fester selbstsicherer Stimme fragt er: „Aber gern,

David, was möchtest du wissen? Es freut mich, wenn auch ich dir etwas beibringen kann,

auch wenn das Geld in die „Welt der Polaritäten“ fallen sollte, ist es ja durchaus mit das

Wichtigste in dieser Welt!“ „So, so, „das Wichtigste dieser Welt“, dann sag mir doch mal,

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was an Geld so wichtig, oder besser noch, so wertvoll ist? Du glaubst doch, dass Geld

wertvoll ist, oder Henry?“ „Aber natürlich, was für eine Frage! Das Geld ist das „Blut der

Wirtschaft“, wie wir Banker sagen…“ , „… und die Banker sind dann die Blutsauger…“

scherzt David. Henry stutz, fängt sich aber schnell wieder „Nein … äh ja, ich meine, wenn du

es so auslegen möchtest. Mir gefällt „Blutbank“ besser. Sie hilft, sozusagen als Retter in der

Not, wenn mal ein Unternehmen etwas Knapp an Blut bzw. Geld ist. Aber du hast mich

unterbrochen. Ich wollte sagen, dass das Geld das Blut der Wirtschaft ist und die Wirtschaft

bestimmt das Wohlergehen einer Gesellschaft. Geht es der Wirtschaft gut, geht es den

Menschen gut. Dann kann das Gesundheitssystem stabilisiert werden, die Bildung gefördert

werden, die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden usw. und das alles hängt vom

jeweiligen Geldbeutel, oder besser gesagt von der Finanzkraft des Landes ab! Ohne Geld

keinen Wohlstand! So einfach ist das!“

„Ist es das wirklich? Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Du bist ihr nur

ausgewichen!“ „Wie ausgewichen? Wieso? Welcher Frage bitte noch mal?“ „Was an Geld

wertvoll ist?“ „Geld an sich hat keinen Wert, wenn du das meinst. Das Material oder die

Zahlen auf dem Konto haben nichts mit dem eigentlichen Wert zu tun. Geld hat einen

Tauschwert. Du kannst für Geld andere Waren bekommen, ohne andere Waren eintauschen

zu müssen. Geld ist viel handlicher und praktischer, als mit einem Sackkarren voller Waren

rumzulaufen und zufällig jemanden zu finden, der das braucht, was ich habe, und der zufällig

auch das hat, was ich brauche!“

„Das bestreitet auch niemand“, David lässt nicht locker, „du sollst mir nur verraten warum

jeder glaubt, dass Geld wertvoll ist, wenn doch gar nichts wertvolles an Geld ist!“

Henry überlegt kurz, dann versucht er David den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Ah, jetzt

weiß ich worauf du anspielst. Du spielst auf die Tatsache an, dass das heutige Geld schon

lange keine Golddeckung mehr hat. Es wird von den Banken, besonders in den westlichen

Ländern, im Prinzip aus dem Nichts erschaffen. Wir nennen das „Fiat Money“, die

Bezeichnung stammt aus der Bibel von „Fiat Lux“ (Es werde Licht) glaube ich. Mit „Es

werde Geld“ ist gemeint, dass das Geld einfach aus dem Nichts generiert wird. Ich weiß, dass

private Banken das Geld für die Staaten und Regierungen drucken bzw. mittels Tastatur in

einen Computer eingeben und es an sie gegen Zinsen verleihen. Na und…? Natürlich ist das

im Prinzip die größte Verarsche, die die Welt je gesehen hat, aber…!“ „Henry“, unterbricht

ihn David „Du brauchst mir hier nichts zu beichten. Ich hab kein Problem damit. Ich weiß das

alles. Aber was ist mit meiner Frage? Was ist an Geld wertvoll?“

„NICHTS, gar nichts ist an Geld wertvoll. Es ist bedrucktes Papier oder Zahlen auf einem

Konto, die rein imaginär sind. Es hat selbst keine Wertsubstanz! Ist es dass, was du wissen

willst!“ „Und warum will es dann jeder haben, Henry?“ „Weil wir es schon immer so gelernt

haben. Jeder hat von klein auf beigebracht bekommen, dass Geld wertvoll ist. Mit Gold ist es

doch genauso. Was ist an Gold schon wertvoll? Mal von Zahnersatz, Kunstwerken und

einigen Industrieprodukten abgesehen, ist es doch zu nichts weiter zu gebrauchen!“

Jetzt bemerkt Henry, dass er sich selbst in den Rücken gefallen ist. Instinktiv weiß er es schon

immer, aber so richtig hat er nicht gewagt darüber nachzudenken. Erst durch den Druck von

David, konnte oder musste er die unsichtbare Grenze überqueren, die sein scheinbar festes

Weltbild vom „Geldbild“ umgab.

„Ja du hast recht, David. Geld ist eigentlich wertlos!“, gibt Henry etwas kleinlaut wiederholt

zu. Er verliert jetzt immer mehr die Haltung und scheint gerade seine letzte Festung verloren

zu haben. „Nein, das stimmt nicht, Henry. Es gibt etwas, was hinter dem Geld steht und

wodurch das Geld wertvoll wird!“ „Was meinst du?“ „Du hast es gerade gesagt: Es ist der

Glaube an das Geld! Die Menschen glauben, dass Geld oder auch Gold wertvoll sind,

obwohl an ihnen überhaupt nichts wirklich wertvolles ist! Der Glaube des Menschen ist

es, was die Dinge wertvoll macht!

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Henry überlegt kurz, dann scheint er zu verstehen: „Dann gilt das gleiche für Bilder,

Kunstwerke, Antiquitäten, Reliquien und vieles andere auch!“

„Völlig richtig Henry. Du bist halt ein heller Kopf.“ Henry weiß nicht ob David das ernst

gemeint hat, oder ob er sich gerade lustig gemacht hat. Vielleicht beides zugleich!

„Ich will dir noch ein anderes Beispiel geben, Henry: Nimm doch mal die Briefmarke „die

Blaue Mauritius“. Ihr angeblicher Versicherungswert, so hab ich gehört, liegt bei ca. einer

Millionen Dollar. Was ist an einem kleinen, fehlerhaften und bereits abgestempelten

Papierschnipsel denn so wertvoll?“

„Die Einzigartigkeit und Seltenheit natürlich!“, verteidigt Henry die Briefmarke. David riss

ein Stückchen, in der Größe einer Briefmarke, von seinem Bierdeckel ab und hielt sie Henry

vor das Gesicht: „Was unterscheidet die „Blaue Mauritius“ von diesem Schnipsel hier? Auch

er ist einzigartig und selten. Du wirst nie wieder einen solchen Schnipsel finden, der genau

diese Reißkanten hat!“

Henry starrt den Schnipsel eine Weile an und sagt: „Ich glaube, ich fange an zu verstehen,

was du damit sagen willst. Man muss den Menschen nur glauben machen, etwas sei wertvoll

und dann ist es auch wertvoll, aber nur deshalb, weil sie es glauben. Der Glaube ist der Wert

hinter den Dingen!“ Er macht eine kurze Pause und folgert weiter „Wenn ich das recht

bedenke, funktioniert im Prinzip die ganze Börse nach dieser Grundregel! Der Glaube ist es,

der den Wert schafft!“ „Richtig, genau das habe ich versucht dir zu vermitteln. Das Wort

Geld“ hängt mit „Geltung / gelten / das, was gilt“ zusammen, und das, was wirkliche

Geltung hat, ist der „Glaube des Menschen“!“

Henrys Gesicht entspannt sich. Innerlich hat er gerade kapituliert. Ihm geht seine großartige

Bildersammlung durch den Kopf, die er immer ganz stolz all seinen Freunden und Besuchern

bei sich zu Hause, als langfristige und sichere Wertanlage, präsentiert hat, denn mit jedem

Jahr ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Künstler stirbt größer.

David nimmt das Gespräch, nach einer kurzen Pause des verstehenden Schweigens, als erster

wieder auf: „Wenn ich jetzt ein Heiliger wäre, was glaubst du, ist dann dieser

Bierdeckelschnipsel hier wert? Wo doch mein Fingerabdruck darauf ist?“ „Wenn du einen

Dummkopf finden würdest, der das glaubt, dann würde er vermutlich einiges dafür zahlen und

wir könnten ein riesen Geschäft mit deiner Person machen!“ „Du denkst schon wieder nur ans

Geld! Aber grundsätzlich hast du recht. Er würde uns, für den kleinen Schnipsel mit meinem

Fingerabdruck, notariell beglaubigt natürlich, einen Berg von ebenso wertlosen Schnipsels,

nämlich Geld, geben. Wir verarschen uns also gegenseitig, sind aber beide glücklich. Ein

guter Tausch, nicht wahr!“ David grinst und Henry wird immer mehr die Absurdität dieses

Spieles, das die Menschheit schon so lange zu spielen scheint, bewusst. „Das ist ja, wie bei

Monopoly, ich tausche Zettel gegen Zettel, das ist das ganze Spiel. Doch die Menschen haben

sich mittlerweile so sehr verzettelt, dass sie den Zettel nicht mehr von der Wirklichkeit

unterscheiden können. Den Schein des (Geld)Scheins nicht mehr sehen“, folgert Henry und

grinst, weil ihm aufgefallen ist, dass „Schein“ „nur Illusion sein“ bedeutet, aber auch die

Abkürzung für Geldschein ist.

„Ist das Zufall“, denkt er sich, „oder ist doch etwas dran, an dem lateinischen Sprichwort

nomen est omen“ („Im Namen liegt die Vorbedeutung“)? Der Geld-schein gilt nur zum Schein.“

„…oder mit Shakespeare gesagt: Der ganze Wahn ums Geld bedeutet im Kern: „Viel Lärm

um Nichts!“, ergänzt David.

„Jetzt wird mir auch die Verbindung der Banken zu den Medien und der Politik klar. Im

Prinzip weiß ich, dass alle Banken der westlichen Welt miteinander vernetzt sind und dadurch

alle unter einer Decke stecken. Sie beherrschen oder kontrollieren direkt und indirekt die

Massenmedien aufgrund ihrer Geldmacht und Werbekraft, und die Massenmedien

kontrollieren den Glauben der Masse der Bevölkerung, und damit die Wahlen in der Politik,

so dass auch die Politik direkt und indirekt gesteuert wird. Die Politik und der jeweilige Staat

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selbst, sowie der Anzug und die Krawatte des Bankers, wiederum geben dem Geld ein

seriöses Äußeres. Dadurch ist gesichert, dass die Menschen glauben, nichts anderes zu hören,

als dass Geld wertvoll ist und nie auf den Gedanken kommen zu fragen, was an Geld

überhaupt wertvoll ist, oder vielleicht das ganze System in Frage stellen. Die Menschen

tauschen ihre eigentlichen Werte, wie Häuser oder ihre Arbeitskraft bei der Bank gegen

Geld, also nur bedrucktes Papier oder Zahlen auf dem Kontoauszug ein. Der Banker

bekommt die Wertzusicherung des Geldes nur durch das Pfand (z.B. das Haus), was der

Schuldner ihm überschreibt. Das Geld entsteht dann aus dem Nichts! Extrem dreist, aber doch

irgendwie genial!“ Henry ist von seiner kurzen Zusammenfassung selbst ganz überrascht.

Scheint er es doch intuitiv immer gewusst oder geahnt zu haben.

David ergreift wieder das Wort und sagt: „Es ist wie in dem Märchen „Des Kaisers neue

Kleider“. Erst der unwissende kleine Junge spricht aus, dass der Kaiser gar keine Kleider an

hat! Die Massenmedien versuchen in der Regel nur zu manipulieren und den Menschen einen

vorgegebenen Glauben einzuhämmern (Geld ist das Wichtigste) bzw. Angst zu machen

(Vogelgrippe, Terrorismus, Unfälle, Überfälle, etc.), weil die Masse am besten durch die Angst

gesteuert werden kann. Sagte ich dir nicht schon vor Jahren, dass Zeitung lesen dumm macht!

Du hast dich über diese Ansicht immer lustig gemacht und mich als „netten, aber weltfremden

Spinner“ bezeichnet!“ David kann sich diesen letzten kleinen vielleicht etwas überzogenen

Seitenhieb nicht verkneifen, weil er weiß wie stolz Henry auf seine Allgemeinbildung ist, die

er regelmäßig durch das Studium der verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen aufrecht

erhält.

Jetzt langsam ist der Höhepunkt dieser Unterhaltung gekommen und David holt zum letzten

Schlag aus: „Und nun zurück zu deiner Frage, Henry.“ „Frage, welche Frage, ich habe keine

Fragen mehr, zumindest im Moment will ich gar nichts mehr wissen!“ „Deine Frage am

Anfang unseres Gespräches war, ob ich denn bei all meinen Studien überhaupt noch Realist

bleiben kann? Um dir diese Frage zu beantworten, musste ich dir all das vorher erklären.

Jetzt kannst du selbst entscheiden: Der eine versucht, das, was offensichtlich ist, wenn man

seine Augen und seinen Verstand auch wirklich benutzt, zu verstehen, und der andere

verstrickt sich in Illusionen und rennt sein leben lang hinter einem Trugbild Namens „Geld“

her, von dem er nie genug bekommen kann und glaubt ohne dies nicht zu überleben! Wer von

uns beiden ist nun der größere Realist?“

Henry schweigt eine Minute, die ihm wie eine Ewigkeit vorkommt und in der sich sein, wie er

glaubt, so logisches festes Weltbild, wie ein Luftschloss aufzulösen beginnt.

„O.K. Du hast gewonnen. Ich gebe auf. Und was soll ich jetzt machen?“ fragt Henry sichtlich

hilflos und resignierend, „99,9 % aller Menschen funktionieren aber nach meinem Glauben

von „Geld ist wertvoll und es muss so viel wie möglich davon her“ und „ohne Geld kein

Leben“!“, versucht er sich ein letztes mal zu verteidigen.

„Da fällt mir nur ein Zitat ein: Fresst Scheiße, Millionen von Fliegen können sich nicht irren!

Oder mit der Bibel etwas vornehmer ausgedrückt: Mt 7,13 „Breit ist der Weg der Masse in die

Verderbnis und schmal ist der Weg ins Himmelreich, den nur wenige gehen“ und dazu

ergänzend noch Mt 6,24 „Du kannst nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon“!“

Henry ist auf diese direkte Antwort nicht vorbereitet gewesen, fängt sich aber schnell wieder

und erwidert: „Du kannst mich jetzt nicht mit einem schlauen Spruch und zwei Bibelzitaten

abspeisen. Erst gibst du mir eine Watsche nach der anderen, dann erschütterst bzw. zerstörst

du innerhalb von einer Stunde mein ganzes Weltbild, ruinierst nebenbei meine

Kunstsammlung und verdirbst mir möglicherweise den Spaß an meiner Arbeit, die mir vorher

soviel Vergnügen bereitet hat. Also lass mich jetzt nicht so in der Luft hängen!“

„Es ist alles nicht so schlimm, wie es dir vielleicht im Moment erscheint.

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Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du vergisst und verdrängst, was ich bzw. du dir selbst

gerade alles gesagt hast, dann wird im Prinzip alles wieder so sein wie früher, oder du

versuchst einfach nur zu verstehen, wie alles funktioniert, ohne etwas zu verurteilen!“

„Wie meinst du das, ich müsste nur verstehen, wie alles funktioniert ohne zu verurteilen und

ohne etwas zu unternehmen?“

„Mit „verstehen“ meine ich ein passives Verhalten, kein aktives „Machen müssen“ oder

Handeln müssen“. Aus der Sicht der „Welt der Synthese“ macht Alles Sinn! Kein Mensch

ist, von dieser höheren Stufe aus betrachtet, schuldig und müsste bestraft werden. Du hast

auch nie etwas „falsch“ gemacht, Henry, das kannst du gar nicht. Du hast dich nur

verschiedenen Erfahrungen innerhalb der Polarität hingegeben, über die du das Gefühl von

angenehm und unangenehm bekommen hast. Alles ist, von oben gesehen, sehr GUT!“

„Ich verstehe im Moment überhaupt nichts mehr. Jetzt soll wieder alles „sehr gut“ sein. Wo

ich doch gerade meine kleine Welt zusammenbrechen sah. Und überhaupt wieso gibt es

keinen der „Schuld“ hat und wieso kann ich nichts „Falsches“ machen? Was ist eigentlich

noch Realität und was ist Illusion? Bin ich oder du verrückt, David?“

„Beide und keiner! Je nach Standpunkt, von welchem man das Ver-rückt-sein betrachten

will!“, grinst David. „Nein, sag lieber gar nichts mehr. Deine Antworten verwirren mich nur

noch mehr, als dass sie Klarheit schaffen!“

Henry sieht aus, als würde er sich im nächsten Moment gerne freiwillig in eine psychische

Behandlung geben.

David erkennt, dass er vielleicht ein bisschen zu weit gegangen ist. Es ist schon etwas unfair

von ihm, Henry, der nur wenig Hintergrund über die geistigen Zusammenhänge besitzt, mit

seinen Erkenntnissen, die sich in all den Jahren langsam entwickelt haben, innerhalb von einer

Stunde zu konfrontieren. Schließlich mag er Henry und das Gespräch sollte eigentlich nur

zum besten Henrys sein, aber wie es scheint war dieser mehr am Verzweifeln, als vor Glück

und Verstehen in die Höhe zu springen. Aber die Ernüchterungs- und Entzugsphasen sind nie

angenehm!

Da fällt ihm das Buch ein, was er zufällig heute in seine Tasche gesteckt hat, um vielleicht im

Park am Nachmittag noch etwas weiter zulesen. Er kam zwar nicht dazu, aber wie es scheint,

hat es doch seinen Sinn gehabt, es einzupacken und mit rumzuschleppen. Er zieht es aus

seiner Tasche und überreicht es dem etwas verwirrt dreinschauenden Henry.

„Hier, für dich! Vielleicht hilft es dir ein Stückchen weiter, beim Verstehen, wie die

Schöpfung funktioniert!“

Der Schöpfungsschlüssel“ liest Henry den Titel des Buches laut vor.

„Es wirkt am Anfang etwas trocken und theoretischer, als es in Wirklichkeit ist. Denn hast du

den Grundaufbau erst mal verstanden, dann wirst du, dich und deine Welt, sehr viel mehr

verstehen können. Viel Spaß dabei!“ faßt David das Buch kurz zusammen.

Henry zögert, ob er noch ein „Geschenk“ von David heute psychisch verkraften kann, doch

dann entschloss er sich das Buch dankend einzupacken.

„David, es tut mir leid, aber das ist alles zu viel für mich an einem Abend. Du hast mein

ganzes Weltbild zerstört und wie ich jetzt erkenne meinen „Herrn“, das Geld, von seinem

Thron geholt. Ich muss das alles erst in Ruhe überdenken.

Ich kann mich jetzt mit dir nicht weiter unterhalten. Es ist schon zu viel. Meine Kapazität ist

mehr als überfüllt. Schau mal meine Hand an, sie fängt schon das Zittern an. Das passiert

immer, wenn ich zu nervös werde. Entschuldige, aber ich glaube ich muss jetzt gehen.

Ich melde mich bei dir wieder, sobald ich unser Gespräch etwas verdaut und eventuell das

Buch gelesen habe.

Falls das stimmt, was du mir alles erzählt hast, dann wird sich in meinem Leben etwas ändern

müssen. Du hörst von mir!

15

Dieser Abend geht übrigens auf mich, ich hab der Kellnerin schon bescheid gesagt. Bis

bald!…

… Ach und David, auch, wenn ich es im Moment noch gar nicht wirklich wertschätzen kann,

vielen Dank für das Gespräch!“

David lächelt ihn liebevoll an und blickt Henry noch nach, bis er hinter der Tür verschwindet,

dann lehnt er sich zurück, genießt einen Schluck Wein und schmunzelt, weil er weiß, wie sich

Henry jetzt fühlen muss. Ihm erging es früher oft ähnlich. Allerdings hatte er nie so eine

heftige Dosis an Erkenntnis in so kurzer Zeit bekommen, wie sie heute Henry bekam.

„Es ist schon hart, wenn es, von jetzt auf gleich, den Anschein hat, dass man den Boden, auf

dem man steht, unter sich verliert. Aber je eher der Mensch den Lug und Trug durchschaut,

desto besser. Wie heißt es doch so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken

ohne Ende.

Er hat jetzt vom Schicksal eine neue Chance bekommen, sich zu öffnen, seine alten

Glaubensmuster zu durchbrechen und neues Wissen aufzunehmen, um die GÖTTLICHE

Schöpfung ein bisschen mehr zu verstehen.

Vielleicht wird es sie nutzen, vielleicht auch nicht.

Ich bin mal gespannt auf unser nächstes Gespräch!“, denkt sich David im Stillen.

 

Zwei alte Freunde haben sich in einer kleinen Bar in der Schweiz zu einem kleinen

Abendtrunk verabredet. Sie kennen sich seit ihrem gemeinsamen Abitur und haben sich schon

seit sieben Jahren, nicht mehr gesehen.

Beide sind erfreut einander wiederzusehen und fallen sich herzlichst in die Arme.

Henry hat nach dem Abitur eine Lehre als Bankkaufmann abgeschlossen, danach

Betriebswirtschaft studiert und ist bei einem größeren Versicherungs- und Bankhaus im

Management beschäftigt. David dagegen hat Religionswissenschaft, Philosophie,

Mathematik, Sprachwissenschaften und Physik studiert, jedoch alle Studiengänge nach dem

zweiten oder dritten Semester wieder abgebrochen und beschlossen zu Hause auf eigene Faust

zu studieren. Er hat viele Reisen zu den entferntesten Orten gemacht und mit den

verschiedensten Leuten gesprochen, war immer ein guter Schüler und wissbegierig zu

erfahren und zu verstehen, nach welchen Mustern, Gesetzen und Regeln die Schöpfung

funktioniert. Nicht nur die Regeln der Materie, sondern vor allem auch die Regeln und

Gesetze des Geistes interessierten ihn sehr.

Nach der Begrüßung und dem Bestellen der Getränke beginnt das nun folgende Gespräch

zwischen den ehemals gleichen Freunden.

(Stellen Sie sich vor, Sie sitzen als unsichtbarer Dritter mit am Tisch und hören jetzt aufmerksam dieses

Gespräch mit!)

„Sag mal David, was willst du eigentlich mit deinem Studium erreichen?“

„Ich will eigentlich nur verstehen, wie die Schöpfung funktioniert. Ich habe keine Ziele, auf

die ich hinarbeite.“ „Aber von irgendwas musst du doch leben können, wenn du mal älter

bist.“ „Ich lebe eigentlich ganz gut. Schon seit ich mit meinen eigenen Reisen und Studien

begonnen habe, fehlte es mir an nichts. Es war und ist immer alles im Überfluss vorhanden.“

„Aber wer zahlt denn die Reisen und deine Verpflegung? Woher kommt denn das Geld für

all deine Bücher und Kleidung?“ „Das ergibt sich so. Entweder werde ich eingeladen oder ich

bekomme eine Gelegenheit mir etwas zu verdienen. Meist ist aber irgendein „Wunder“ im

Spiel. Es geschieht etwas, womit keiner gerechnet hat.“ „Du versuchst mir auszuweichen.

Kein Mensch kann ohne Geld existieren, zumindest nicht menschenwürdig leben. Geld regiert

nun mal die Welt, da kommt keiner vorbei und jeder der es versucht, wird irgendwann auf der

Straße landen und von der Sozialhilfe, das heißt auf Kosten der Gesellschaft, leben. Und

solche Schmarotzer sind mir wirklich zu wider! Zu faul eigenes Geld zu verdienen und dafür

bei anderen zu saugen, wie die Zecke am Hals. Nein, so was verabscheue ich zutiefst.“ Henry

verzog eine so verachtenswürdige Mine, dass jeder, nur allein beim Gedanken an Sozialhilfe,

sich schämen musste.„Ich kann dich beruhigen“, sagt David, „Ich lebe nicht von Sozialhilfe.

Du kannst also ruhig mit mir weiterreden!“ „Na ja, das hätte ich von dir auch nicht erwartet.“

Henry lächelte und nahm einen Schluck aus seinem Rotweinglas.

„Sag mal David“, bohrt Henry weiter, „kann man denn bei all deinen Studien überhaupt noch

Realist bleiben?“ „Wie meist du das?“, fragt David. „Nun ja, ich meine, bei all deinen

geistigen Spinnereien, … ich meine Ansichten, kann man da noch auf dem Boden der

Tatsachen bleiben? Ich meine, ob man da nicht sehr schnell abhebt, bei dieser „nach Gott

Suche“ und so? Glaubst du denn an Gott, ich meine so richtig?“ Henry verzog wieder das

Gesicht, nur diesmal eher etwas mitleidig.

„Was soll ich dir sagen, Henry. Es wird schwierig für mich dir meinen Standpunkt zu

vermitteln, der auf all meinen Erfahrungen und all meinem Wissen beruht, aber trotzdem will

ich es versuchen. Weißt du, was „Polarität“ ist?“ „Äh na ja, … schon irgendwie. Das

bedeutet doch, dass es immer zwei Möglichkeiten gibt, also immer zwei Seiten einer

Medaille, oder?“ „Ja, so ähnlich. Eine Polarität zeichnet sich dadurch aus, dass die eine Seite

immer mit der anderen untrennbar, gleichzeitig auftreten muss, obwohl sie sich eigentlich

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vom Grunde her beide widersprechen. Du kannst aber immer nur eine Seite wahrnehmen,

während die andere Seite parallel verborgen ist. Wenn du „Krieg“ in deinem Bewusstsein

hast, dann ist der „Frieden“ die Gegenseite, die unsichtbar im Hintergrund den Kontrast

bildet. Ohne einen Kontrast oder Unterschied kannst du nichts wahrnehmen. Alles, was du

wahrnimmst ist letztendlich polar aufgebaut. Jede Farbe hat ihre Komplementärfarbe und

erst im Hintergrund von der einen kannst du die anderen sehen. Du kannst das Prinzip noch

schön beim Photographieren mit einem Photofilm sehen. Es gibt immer ein Dianegativ und

ein Diapositiv, die zusammen reines, weißes, unsichtbares Licht ergeben. Zu „links“ gehört

„rechts“, zu „warm“ gehört „kalt“, zu „hell“ gehört „dunkel“ und zu der „Stille“ gehört das

„Geräusch“. Jeweils zwischen der Polarität entstehen unendlich viele „Zwischenstufen“, die

von einem extremen Pol zum anderen führen. Schön erkennen, kannst du es an dem polaren

Beispiel der Farben von „Schwarz“ und „Weiß“, denn es liegen unendlich viele „Grautöne“

dazwischen.“

David macht eine kurze Pause, um das gerade gesagte bei Henry wirken zu lassen, bis er dann

fortfährt: „Etwas allgemeiner formuliert, würde es bedeuten, dass aus der Polarität die

unendliche Vielfalt resultiert und jede Position innerhalb der Polarität eine mögliche

Sichtweise darstellt!

Wenn du ein bisschen darüber nachdenkst, wirst du feststellen, dass du alles nur

aufgrund eines Gegensatzes wahrnehmen kannst. Selbst dieses Glas hier kann nur

existieren, weil es, etwas abstrakt formuliert, einen Hintergrund gibt, der „Nicht-Glas“ ist.

Kannst du mir soweit folgen?“

„Hm. Ich weiß nicht, ob das alles so stimmt. Das müsste ich mir erst mal durch den Kopf

gehen lassen, aber es scheint so zu sein! Ich glaube, ich hab schon mal was darüber in einem

Managertraining gehört.“ „Gut, hat dein Studium zumindest eine kleine Frucht

hervorgebracht!“ „Wie meinst du das?“, fragt Henry etwas irritiert und erstaunt über so eine

spitzfindige Bemerkung. „Das sage ich dir am Ende. Lass mich erst mal weiter erklären. Du

willst doch eine Antwort auf deine Fragen haben, oder nicht?“ „Ja natürlich irgendwie schon,

also fahre fort, aber heb jetzt nicht ab.“ „Nein, keine Angst. Ich bin mehr Realist, als du

glaubst. Und ich behaupte sogar, dass ich ein weitaus größerer Realist bin, als du!“

Henrys Gesichtsmimik verrät etwas Irritation, denn so ein ausführliches Gespräch auf seine

doch eher flapsige Bemerkung über Davids Studium hat er nicht erwartet. Aber David erklärt

weiter: „Also, jetzt zurück zu unserer Polarität. Ein weiteres wichtiges Kriterium der Polarität

ist die Synthese. Jede Polarität hat nämlich auf einer höheren Stufe eine Synthese, die

jeweils beide Pole gleichzeitig enthält und einen höheren Komplex bildet. Ich will dir ein paar

Beispiele geben, die zwar selbst noch polar sind, aber schon das Prinzip der Synthese

verdeutlichen können: Die Münze: sie hat zwei Seiten und beide Seiten benötigen einander als

Kontrast (Kopf und Zahl), wobei sie beide gleichzeitig in der höheren Synthese, der Münze,

aufgehen. Genauso ist es mit dem mathematischen Kegel. Er ist auf einer zweidimensionalen

unteren Ebene entweder „Kreis“ oder „Dreieck“, in Wirklichkeit aber „Kreis und Dreieck“.

Ein anderes Beispiel ist die „Wurst“ mit ihren beiden Enden, oder noch besser ist das „Tai

Chi“ ☯ Symbol, als Beispiel für die Synthese und die zwei Hälften, weiß und schwarz, als

die symbolischen zwei Seiten der Polarität.

Man kann in einer Polarität nie die eine Seite von der anderen Seite trennen. Beide

gehören immer zusammen und gehen in der höheren Synthese harmonisch auf. Hast du

das soweit verstanden, Henry?“ „Ja, ich denke schon!“ „Gut. Dann frage ich dich, was ist die

Synthese aus „Krieg und Frieden“, oder „links und rechts“, oder „warm und kalt“, oder „blau

und orange“?

Darauf ist Henry jetzt nicht vorbereitet gewesen. Er überlegt kurz und sagt: „Äh, Moment …

ich weiß es nicht! Sag es mir!“ „Du kannst dir die Synthese weder denken noch

vorstellen! Aber du kannst mit deinem logischen Verstand bis zu der Grenze kommen, dass

du 100 %ig sicher sagen kannst, dass es eine Synthese geben muss. Du kannst sie aber nicht

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denken, da dein Denken und dein Vorstellen polar aufgebaut sind und du immer nur eine

Seite der Polarität z.B. „warm“ denken kannst, während immer gleichzeitig im Hintergrund

unsichtbar „kalt“ verborgen ist. Die Synthese ist für dich nicht wahrnehmbar!“

„Das würde bedeuten, wenn alles polar aufgebaut ist, und dass muss ich erst noch überprüfen,

dann gibt es eine Art höhere Wirklichkeit, eine Überwelt, eine Welt der Synthese, die jenseits

unserer Vorstellung und unseres Denkens liegen muss. Ist es das, was du mir damit sagen

willst?“ Henrys Ausdruck erhell sich und er beginnt Davids Ausführungen interessant zu

finden. „Gut mitgedacht. Genauso ist es! Und diese Synthese aller Synthesen nennen die

Religionen GOTT, Allah, JHWH, Krishna, Trinität, Heiliger Geist, Tao, usw.

Du kannst jetzt vielleicht auch nachvollziehen, wie albern es ist sich über GOTT zu streiten,

da man die höchste Synthese in seine kleingeistigen, polaren Denkmuster pressen möchte.

Das funktioniert nicht. Daher auch all die Meinungsverschiedenheiten über GOTT. Jeder hat

seine polare Sicht von GOTT und in Wirklichkeit ist GOTT alle Sichtweisen gleichzeitig und

noch viel mehr. So wie unser symbolischer Kegel eine Vielzahl an zweidimensionalen

Kreisen Parabeln, Hyperbeln und sogar Dreiecken (alles Querschnitte durch den Kegel), darstellt,

aber gleichzeitig ein ganzer höherer dreidimensionaler Körper ist.“

„Wenn das stimmt, was du mir erzählst und das muss ich erst noch überprüfen, dann wäre

alles, was ich wahrnehme, mein Denken und Vorstellen, nur eine Illusion im Vergleich

zur eigentlichen Wirklichkeit, der Synthese?“, schlussfolgert Henry nach einer kurzen

Ruhepause. „Sehr gut kombiniert. Ich hätte es nicht besser formulieren können. Du warst

zurecht in der Schule immer der bessere Schüler von uns zwei“, schmeichelt David.

„Um dir vielleicht noch eine bessere fühlbare Vorstellung von der „Illusionswelt – Polarität“

und der „Wirklichkeitswelt - Synthese“ zu geben, ist der Traum ein schönes, für dich

nachvollziehbares Symbol. Wenn du heute Nacht einschläfst und träumst, dass du

meinetwegen auf einem riesigen Berg Geld sitzt, dann ist dieser Zustand für dich im Traum

erst mal Realität, vorausgesetzt, du weißt nicht, dass du träumst!“ „Ja, stimmt, wobei mir

lieber wäre, dass es kein Traum ist,“ Henry bringt ein kleines Lächeln über seine ansonsten

etwas steifen Lippen. „Wenn du dann morgens wieder wach geworden bist, dann weißt du,

dass es nur ein Traum war, der zwar allen Anschein von Wirklichkeit hatte, aber letztendlich

doch nur ein Traum war. Du weißt jetzt, dass das Geld, du selbst und der Raum in dem ihr

euch befunden habt, nur Illusion waren. Kannst du dir das Gefühl gegenüber dieser

Traumwelt im Verhältnis zu deiner Wirklichkeit bewusst machen?“

„Ja, es ist zwar schade, dass das ganze Geld nur Illusion war, aber natürlich weiß ich, wovon

du redest. Ich kann das Gefühl der Irrealität und Illusion gegenüber einem Traum in der Nacht

in mir finden und ich ahne, was du mir damit sagen willst: Die „Welt der Synthese“ verhält

sich zur „Welt der Polarität“, also diese meine Vorstellungswelt, wie du sie nennst, wie „die

Welt der Polarität“ zum „Traum“! Das erinnert mich, nebenbei bemerkt, ein wenig an den

„Goldenen Schnitt“ verbunden mit dem Film „Matrix“.“ Henry hat versucht einen Scherz zu

machen, doch merkt er, dass David nicht lacht, sondern seine Verbindung von Mathematik

und Hollywood sehr ernst aufnimmt.

„Sehr gut kombiniert, Henry. Du bist ein cleveres Kerlchen. Ich habe für diese Erkenntnis viel

länger gebraucht. Aber genau das wollte ich dir sagen. Ich wollte dir ein Gefühl der Illusion

und Relativität deiner Welt geben und dir somit eine Vorstellung vermitteln, wie sich eine

höhere Stufe zu einer Niedrigeren verhält, indem ich dir eine noch niedrigere Stufe als

Verhältnisbeispiel geben, die du mit deinem Wissen fassen kannst. Arithmetisch betrachtet

liegt zwischen 7 und 8 genauso viel, wie zwischen 6 und 7, nämlich genau „1“. Wobei „6“

unser Traum ist, „7“ ist die „Welt der Polarität“, also das, was du jetzt erlebst und „8“ ist die

„Welt der Synthese“, die höhere Wirklichkeit.

Wenn du auf „7“ stehst kannst du „8“ zwar noch nicht wirklich fassen, du kannst in dir aber

ein Gefühl für diese höhere Wirklichkeit hervorrufen, wenn du dir „6“ anschaust.“

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„Mir dämmert langsam wohin das führt und ich muss sagen, dass mir mulmig zumute wird.“

Henry blickt im Raum umher, schaut sich die Menschen, die Möbel, sowie die Bar an und

spricht nachdenklich: „Dann wäre ja nichts, was uns umgibt absolute Wirklichkeit! Das würde

doch komplett die Spannung aus allem nehmen!“ „Stimmt und stimmt nicht! Es ist genauso

viel Wirklichkeit, wie in deinem Traum. Alles ist wirklich da! Fass doch das Glas an. Es ist

doch alles „echt“ und erfahrbar. Werde jetzt bloß nicht unrealistisch, Henry!“

David kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, ergänzt aber gleich, „wenn du dir einen

Film auf DVD anschaust, weißt du doch auch indirekt, dass die höhere Wirklichkeit nur aus

einem Zahlencode auf der DVD besteht und das schmälert doch auch nicht dein Vergnügen

am Film. Es hilft dir höchstens ruhig zu bleiben, wenn es zu spannend oder zu brutal wird, da

du dir ja in Erinnerung rufen kannst, dass es nur ein Film und nicht wirklich echt ist.“

„Ja. Das stimmt. So gesehen ist es eigentlich eine ziemlich große Hilfe. Wenn ich dieses

Wissen in meinem Alltag parat hätte. Ich hätte einige graue Haare und einige Sorgenfalten

weniger und wahrscheinlich hätte ich auch kein Magengeschwür bekommen.

Aber ich weiß noch nicht sicher, ob das auch alles stimmt, was du mir da erzählst. Das klingt

alles viel zu einfach, um wahr zu sein!“ „Warum machst du es denn so kompliziert? Vielleicht

ist alles viel einfacher als du es dir vorstellst? Vielleicht denkst du nur zu kompliziert und

siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht!“

„Ich will dir jetzt nicht unbedingt widersprechen, nach alledem, was du mir gerade gesagt

hast. Es kann durchaus sein, dass ich irgendwie doch nicht so einen großen Plan hatte, wie ich

es annahm. Aber ich muss das alles erst mal überdenken und verdauen.

Außerdem glaub ich, brauch ich eine kurze Pause. Ich geh mal auf die Toilette. Bin gleich

wieder da!“

Henry ist einer der besten Absolventen auf der Uni gewesen. Er hat sein BWL Studium mit

„summa cum laude“ abgeschlossen und auf dem Finanzmarkt ist er ein angesagter Manager.

Er kann sehr schnell Zusammenhänge erfassen, wenn er sich intensiver mit ihnen beschäftigt,

aber er will grundsätzlich auch nur das annehmen, was er verstehen und nachvollziehen kann.

David denkt sich mit einer liebevollen, fast väterlichen inneren Stimme: „Dies, lieber Henry,

war der erste Streich und der zweite folgt möglicherweise zugleich, nachdem du deine kleine

Auszeit auf der Toilette beendet hast.“

Henry kommt wieder und man kann sehen, dass er sich wohl das Gesicht mit Wasser

abgewaschen hat. Seine Haarspitzen sind noch ganz nass und die Augen leicht rot vom

Reiben mit den Händen.

Er hat vorher noch zwei Gläser Rotwein bestellt, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzt.

Henry schaut David an, wie ein etwas eingeschüchtertes Kind seinen Lehrer anschaut, mit

der etwas ängstlichen Frage im Gesicht „…und was kommt jetzt als nächstes?“

„Lass uns jetzt über dich sprechen, Henry. Wie sieht es eigentlich mit Geld aus?“ David kann

sehen, wie in Henry das kraftvolle Leben zurückkehrt und aus dem Schüler schnell wieder der

Meister wird, denn hierin kennt er sich nun wirklich aus. Er weiss so ziemlich alles über Geld.

Er kennt alle wichtigen Fonds, Anlagen, Kapitalbeteiligungen, sowie die Finanzlagen der

größten Firmen und Länder. Er hätte ohne Probleme aus dem Stegreif David, einen der besten

Vorträge über „Die besten Renditen weltweit“ halten können.

Jetzt ist es an ihm, David aufzuklären, denn David hat ja offensichtlich keine Ahnung von

Geld. Sein Körper erhebt sich und mit fester selbstsicherer Stimme fragt er: „Aber gern,

David, was möchtest du wissen? Es freut mich, wenn auch ich dir etwas beibringen kann,

auch wenn das Geld in die „Welt der Polaritäten“ fallen sollte, ist es ja durchaus mit das

Wichtigste in dieser Welt!“ „So, so, „das Wichtigste dieser Welt“, dann sag mir doch mal,

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was an Geld so wichtig, oder besser noch, so wertvoll ist? Du glaubst doch, dass Geld

wertvoll ist, oder Henry?“ „Aber natürlich, was für eine Frage! Das Geld ist das „Blut der

Wirtschaft“, wie wir Banker sagen…“ , „… und die Banker sind dann die Blutsauger…“

scherzt David. Henry stutz, fängt sich aber schnell wieder „Nein … äh ja, ich meine, wenn du

es so auslegen möchtest. Mir gefällt „Blutbank“ besser. Sie hilft, sozusagen als Retter in der

Not, wenn mal ein Unternehmen etwas Knapp an Blut bzw. Geld ist. Aber du hast mich

unterbrochen. Ich wollte sagen, dass das Geld das Blut der Wirtschaft ist und die Wirtschaft

bestimmt das Wohlergehen einer Gesellschaft. Geht es der Wirtschaft gut, geht es den

Menschen gut. Dann kann das Gesundheitssystem stabilisiert werden, die Bildung gefördert

werden, die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden usw. und das alles hängt vom

jeweiligen Geldbeutel, oder besser gesagt von der Finanzkraft des Landes ab! Ohne Geld

keinen Wohlstand! So einfach ist das!“

„Ist es das wirklich? Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Du bist ihr nur

ausgewichen!“ „Wie ausgewichen? Wieso? Welcher Frage bitte noch mal?“ „Was an Geld

wertvoll ist?“ „Geld an sich hat keinen Wert, wenn du das meinst. Das Material oder die

Zahlen auf dem Konto haben nichts mit dem eigentlichen Wert zu tun. Geld hat einen

Tauschwert. Du kannst für Geld andere Waren bekommen, ohne andere Waren eintauschen

zu müssen. Geld ist viel handlicher und praktischer, als mit einem Sackkarren voller Waren

rumzulaufen und zufällig jemanden zu finden, der das braucht, was ich habe, und der zufällig

auch das hat, was ich brauche!“

„Das bestreitet auch niemand“, David lässt nicht locker, „du sollst mir nur verraten warum

jeder glaubt, dass Geld wertvoll ist, wenn doch gar nichts wertvolles an Geld ist!“

Henry überlegt kurz, dann versucht er David den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Ah, jetzt

weiß ich worauf du anspielst. Du spielst auf die Tatsache an, dass das heutige Geld schon

lange keine Golddeckung mehr hat. Es wird von den Banken, besonders in den westlichen

Ländern, im Prinzip aus dem Nichts erschaffen. Wir nennen das „Fiat Money“, die

Bezeichnung stammt aus der Bibel von „Fiat Lux“ (Es werde Licht) glaube ich. Mit „Es

werde Geld“ ist gemeint, dass das Geld einfach aus dem Nichts generiert wird. Ich weiß, dass

private Banken das Geld für die Staaten und Regierungen drucken bzw. mittels Tastatur in

einen Computer eingeben und es an sie gegen Zinsen verleihen. Na und…? Natürlich ist das

im Prinzip die größte Verarsche, die die Welt je gesehen hat, aber…!“ „Henry“, unterbricht

ihn David „Du brauchst mir hier nichts zu beichten. Ich hab kein Problem damit. Ich weiß das

alles. Aber was ist mit meiner Frage? Was ist an Geld wertvoll?“

„NICHTS, gar nichts ist an Geld wertvoll. Es ist bedrucktes Papier oder Zahlen auf einem

Konto, die rein imaginär sind. Es hat selbst keine Wertsubstanz! Ist es dass, was du wissen

willst!“ „Und warum will es dann jeder haben, Henry?“ „Weil wir es schon immer so gelernt

haben. Jeder hat von klein auf beigebracht bekommen, dass Geld wertvoll ist. Mit Gold ist es

doch genauso. Was ist an Gold schon wertvoll? Mal von Zahnersatz, Kunstwerken und

einigen Industrieprodukten abgesehen, ist es doch zu nichts weiter zu gebrauchen!“

Jetzt bemerkt Henry, dass er sich selbst in den Rücken gefallen ist. Instinktiv weiß er es schon

immer, aber so richtig hat er nicht gewagt darüber nachzudenken. Erst durch den Druck von

David, konnte oder musste er die unsichtbare Grenze überqueren, die sein scheinbar festes

Weltbild vom „Geldbild“ umgab.

„Ja du hast recht, David. Geld ist eigentlich wertlos!“, gibt Henry etwas kleinlaut wiederholt

zu. Er verliert jetzt immer mehr die Haltung und scheint gerade seine letzte Festung verloren

zu haben. „Nein, das stimmt nicht, Henry. Es gibt etwas, was hinter dem Geld steht und

wodurch das Geld wertvoll wird!“ „Was meinst du?“ „Du hast es gerade gesagt: Es ist der

Glaube an das Geld! Die Menschen glauben, dass Geld oder auch Gold wertvoll sind,

obwohl an ihnen überhaupt nichts wirklich wertvolles ist! Der Glaube des Menschen ist

es, was die Dinge wertvoll macht!“

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Henry überlegt kurz, dann scheint er zu verstehen: „Dann gilt das gleiche für Bilder,

Kunstwerke, Antiquitäten, Reliquien und vieles andere auch!“

„Völlig richtig Henry. Du bist halt ein heller Kopf.“ Henry weiß nicht ob David das ernst

gemeint hat, oder ob er sich gerade lustig gemacht hat. Vielleicht beides zugleich!

„Ich will dir noch ein anderes Beispiel geben, Henry: Nimm doch mal die Briefmarke „die

Blaue Mauritius“. Ihr angeblicher Versicherungswert, so hab ich gehört, liegt bei ca. einer

Millionen Dollar. Was ist an einem kleinen, fehlerhaften und bereits abgestempelten

Papierschnipsel denn so wertvoll?“

„Die Einzigartigkeit und Seltenheit natürlich!“, verteidigt Henry die Briefmarke. David riss

ein Stückchen, in der Größe einer Briefmarke, von seinem Bierdeckel ab und hielt sie Henry

vor das Gesicht: „Was unterscheidet die „Blaue Mauritius“ von diesem Schnipsel hier? Auch

er ist einzigartig und selten. Du wirst nie wieder einen solchen Schnipsel finden, der genau

diese Reißkanten hat!“

Henry starrt den Schnipsel eine Weile an und sagt: „Ich glaube, ich fange an zu verstehen,

was du damit sagen willst. Man muss den Menschen nur glauben machen, etwas sei wertvoll

und dann ist es auch wertvoll, aber nur deshalb, weil sie es glauben. Der Glaube ist der Wert

hinter den Dingen!“ Er macht eine kurze Pause und folgert weiter „Wenn ich das recht

bedenke, funktioniert im Prinzip die ganze Börse nach dieser Grundregel! Der Glaube ist es,

der den Wert schafft!“ „Richtig, genau das habe ich versucht dir zu vermitteln. Das Wort

„Geld“ hängt mit „Geltung / gelten / das, was gilt“ zusammen, und das, was wirkliche

Geltung hat, ist der „Glaube des Menschen“!“

Henrys Gesicht entspannt sich. Innerlich hat er gerade kapituliert. Ihm geht seine großartige

Bildersammlung durch den Kopf, die er immer ganz stolz all seinen Freunden und Besuchern

bei sich zu Hause, als langfristige und sichere Wertanlage, präsentiert hat, denn mit jedem

Jahr ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Künstler stirbt größer.

David nimmt das Gespräch, nach einer kurzen Pause des verstehenden Schweigens, als erster

wieder auf: „Wenn ich jetzt ein Heiliger wäre, was glaubst du, ist dann dieser

Bierdeckelschnipsel hier wert? Wo doch mein Fingerabdruck darauf ist?“ „Wenn du einen

Dummkopf finden würdest, der das glaubt, dann würde er vermutlich einiges dafür zahlen und

wir könnten ein riesen Geschäft mit deiner Person machen!“ „Du denkst schon wieder nur ans

Geld! Aber grundsätzlich hast du recht. Er würde uns, für den kleinen Schnipsel mit meinem

Fingerabdruck, notariell beglaubigt natürlich, einen Berg von ebenso wertlosen Schnipsels,

nämlich Geld, geben. Wir verarschen uns also gegenseitig, sind aber beide glücklich. Ein

guter Tausch, nicht wahr!“ David grinst und Henry wird immer mehr die Absurdität dieses

Spieles, das die Menschheit schon so lange zu spielen scheint, bewusst. „Das ist ja, wie bei

Monopoly, ich tausche Zettel gegen Zettel, das ist das ganze Spiel. Doch die Menschen haben

sich mittlerweile so sehr verzettelt, dass sie den Zettel nicht mehr von der Wirklichkeit

unterscheiden können. Den Schein des (Geld)Scheins nicht mehr sehen“, folgert Henry und

grinst, weil ihm aufgefallen ist, dass „Schein“ „nur Illusion sein“ bedeutet, aber auch die

Abkürzung für Geldschein ist.

„Ist das Zufall“, denkt er sich, „oder ist doch etwas dran, an dem lateinischen Sprichwort

„nomen est omen“ („Im Namen liegt die Vorbedeutung“)? Der Geld-schein gilt nur zum Schein.“

„…oder mit Shakespeare gesagt: Der ganze Wahn ums Geld bedeutet im Kern: „Viel Lärm

um Nichts!“, ergänzt David.

„Jetzt wird mir auch die Verbindung der Banken zu den Medien und der Politik klar. Im

Prinzip weiß ich, dass alle Banken der westlichen Welt miteinander vernetzt sind und dadurch

alle unter einer Decke stecken. Sie beherrschen oder kontrollieren direkt und indirekt die

Massenmedien aufgrund ihrer Geldmacht und Werbekraft, und die Massenmedien

kontrollieren den Glauben der Masse der Bevölkerung, und damit die Wahlen in der Politik,

so dass auch die Politik direkt und indirekt gesteuert wird. Die Politik und der jeweilige Staat

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selbst, sowie der Anzug und die Krawatte des Bankers, wiederum geben dem Geld ein

seriöses Äußeres. Dadurch ist gesichert, dass die Menschen glauben, nichts anderes zu hören,

als dass Geld wertvoll ist und nie auf den Gedanken kommen zu fragen, was an Geld

überhaupt wertvoll ist, oder vielleicht das ganze System in Frage stellen. Die Menschen

tauschen ihre eigentlichen Werte, wie Häuser oder ihre Arbeitskraft bei der Bank gegen

Geld, also nur bedrucktes Papier oder Zahlen auf dem Kontoauszug ein. Der Banker

bekommt die Wertzusicherung des Geldes nur durch das Pfand (z.B. das Haus), was der

Schuldner ihm überschreibt. Das Geld entsteht dann aus dem Nichts! Extrem dreist, aber doch

irgendwie genial!“ Henry ist von seiner kurzen Zusammenfassung selbst ganz überrascht.

Scheint er es doch intuitiv immer gewusst oder geahnt zu haben.

David ergreift wieder das Wort und sagt: „Es ist wie in dem Märchen „Des Kaisers neue

Kleider“. Erst der unwissende kleine Junge spricht aus, dass der Kaiser gar keine Kleider an

hat! Die Massenmedien versuchen in der Regel nur zu manipulieren und den Menschen einen

vorgegebenen Glauben einzuhämmern (Geld ist das Wichtigste) bzw. Angst zu machen

(Vogelgrippe, Terrorismus, Unfälle, Überfälle, etc.), weil die Masse am besten durch die Angst

gesteuert werden kann. Sagte ich dir nicht schon vor Jahren, dass Zeitung lesen dumm macht!

Du hast dich über diese Ansicht immer lustig gemacht und mich als „netten, aber weltfremden

Spinner“ bezeichnet!“ David kann sich diesen letzten kleinen vielleicht etwas überzogenen

Seitenhieb nicht verkneifen, weil er weiß wie stolz Henry auf seine Allgemeinbildung ist, die

er regelmäßig durch das Studium der verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen aufrecht

erhält.

Jetzt langsam ist der Höhepunkt dieser Unterhaltung gekommen und David holt zum letzten

Schlag aus: „Und nun zurück zu deiner Frage, Henry.“ „Frage, welche Frage, ich habe keine

Fragen mehr, zumindest im Moment will ich gar nichts mehr wissen!“ „Deine Frage am

Anfang unseres Gespräches war, ob ich denn bei all meinen Studien überhaupt noch Realist

bleiben kann? Um dir diese Frage zu beantworten, musste ich dir all das vorher erklären.

Jetzt kannst du selbst entscheiden: Der eine versucht, das, was offensichtlich ist, wenn man

seine Augen und seinen Verstand auch wirklich benutzt, zu verstehen, und der andere

verstrickt sich in Illusionen und rennt sein leben lang hinter einem Trugbild Namens „Geld“

her, von dem er nie genug bekommen kann und glaubt ohne dies nicht zu überleben! Wer von

uns beiden ist nun der größere Realist?“

Henry schweigt eine Minute, die ihm wie eine Ewigkeit vorkommt und in der sich sein, wie er

glaubt, so logisches festes Weltbild, wie ein Luftschloss aufzulösen beginnt.

„O.K. Du hast gewonnen. Ich gebe auf. Und was soll ich jetzt machen?“ fragt Henry sichtlich

hilflos und resignierend, „99,9 % aller Menschen funktionieren aber nach meinem Glauben

von „Geld ist wertvoll und es muss so viel wie möglich davon her“ und „ohne Geld kein

Leben“!“, versucht er sich ein letztes mal zu verteidigen.

„Da fällt mir nur ein Zitat ein: Fresst Scheiße, Millionen von Fliegen können sich nicht irren!

Oder mit der Bibel etwas vornehmer ausgedrückt: Mt 7,13 „Breit ist der Weg der Masse in die

Verderbnis und schmal ist der Weg ins Himmelreich, den nur wenige gehen“ und dazu

ergänzend noch Mt 6,24 „Du kannst nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon“!“

Henry ist auf diese direkte Antwort nicht vorbereitet gewesen, fängt sich aber schnell wieder

und erwidert: „Du kannst mich jetzt nicht mit einem schlauen Spruch und zwei Bibelzitaten

abspeisen. Erst gibst du mir eine Watsche nach der anderen, dann erschütterst bzw. zerstörst

du innerhalb von einer Stunde mein ganzes Weltbild, ruinierst nebenbei meine

Kunstsammlung und verdirbst mir möglicherweise den Spaß an meiner Arbeit, die mir vorher

soviel Vergnügen bereitet hat. Also lass mich jetzt nicht so in der Luft hängen!“

„Es ist alles nicht so schlimm, wie es dir vielleicht im Moment erscheint.

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Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du vergisst und verdrängst, was ich bzw. du dir selbst

gerade alles gesagt hast, dann wird im Prinzip alles wieder so sein wie früher, oder du

versuchst einfach nur zu verstehen, wie alles funktioniert, ohne etwas zu verurteilen!“

„Wie meinst du das, ich müsste nur verstehen, wie alles funktioniert ohne zu verurteilen und

ohne etwas zu unternehmen?“

„Mit „verstehen“ meine ich ein passives Verhalten, kein aktives „Machen müssen“ oder

„Handeln müssen“. Aus der Sicht der „Welt der Synthese“ macht Alles Sinn! Kein Mensch

ist, von dieser höheren Stufe aus betrachtet, schuldig und müsste bestraft werden. Du hast

auch nie etwas „falsch“ gemacht, Henry, das kannst du gar nicht. Du hast dich nur

verschiedenen Erfahrungen innerhalb der Polarität hingegeben, über die du das Gefühl von

angenehm und unangenehm bekommen hast. Alles ist, von oben gesehen, sehr GUT!“

„Ich verstehe im Moment überhaupt nichts mehr. Jetzt soll wieder alles „sehr gut“ sein. Wo

ich doch gerade meine kleine Welt zusammenbrechen sah. Und überhaupt wieso gibt es

keinen der „Schuld“ hat und wieso kann ich nichts „Falsches“ machen? Was ist eigentlich

noch Realität und was ist Illusion? Bin ich oder du verrückt, David?“

„Beide und keiner! Je nach Standpunkt, von welchem man das Ver-rückt-sein betrachten

will!“, grinst David. „Nein, sag lieber gar nichts mehr. Deine Antworten verwirren mich nur

noch mehr, als dass sie Klarheit schaffen!“

Henry sieht aus, als würde er sich im nächsten Moment gerne freiwillig in eine psychische

Behandlung geben.

David erkennt, dass er vielleicht ein bisschen zu weit gegangen ist. Es ist schon etwas unfair

von ihm, Henry, der nur wenig Hintergrund über die geistigen Zusammenhänge besitzt, mit

seinen Erkenntnissen, die sich in all den Jahren langsam entwickelt haben, innerhalb von einer

Stunde zu konfrontieren. Schließlich mag er Henry und das Gespräch sollte eigentlich nur

zum besten Henrys sein, aber wie es scheint war dieser mehr am Verzweifeln, als vor Glück

und Verstehen in die Höhe zu springen. Aber die Ernüchterungs- und Entzugsphasen sind nie

angenehm!

Da fällt ihm das Buch ein, was er zufällig heute in seine Tasche gesteckt hat, um vielleicht im

Park am Nachmittag noch etwas weiter zulesen. Er kam zwar nicht dazu, aber wie es scheint,

hat es doch seinen Sinn gehabt, es einzupacken und mit rumzuschleppen. Er zieht es aus

seiner Tasche und überreicht es dem etwas verwirrt dreinschauenden Henry.

„Hier, für dich! Vielleicht hilft es dir ein Stückchen weiter, beim Verstehen, wie die

Schöpfung funktioniert!“

„Der Schöpfungsschlüssel“ liest Henry den Titel des Buches laut vor.

„Es wirkt am Anfang etwas trocken und theoretischer, als es in Wirklichkeit ist. Denn hast du

den Grundaufbau erst mal verstanden, dann wirst du, dich und deine Welt, sehr viel mehr

verstehen können. Viel Spaß dabei!“ faßt David das Buch kurz zusammen.

Henry zögert, ob er noch ein „Geschenk“ von David heute psychisch verkraften kann, doch

dann entschloss er sich das Buch dankend einzupacken.

„David, es tut mir leid, aber das ist alles zu viel für mich an einem Abend. Du hast mein

ganzes Weltbild zerstört und wie ich jetzt erkenne meinen „Herrn“, das Geld, von seinem

Thron geholt. Ich muss das alles erst in Ruhe überdenken.

Ich kann mich jetzt mit dir nicht weiter unterhalten. Es ist schon zu viel. Meine Kapazität ist

mehr als überfüllt. Schau mal meine Hand an, sie fängt schon das Zittern an. Das passiert

immer, wenn ich zu nervös werde. Entschuldige, aber ich glaube ich muss jetzt gehen.

Ich melde mich bei dir wieder, sobald ich unser Gespräch etwas verdaut und eventuell das

Buch gelesen habe.

Falls das stimmt, was du mir alles erzählt hast, dann wird sich in meinem Leben etwas ändern

müssen. Du hörst von mir!

15

Dieser Abend geht übrigens auf mich, ich hab der Kellnerin schon bescheid gesagt. Bis

bald!…

… Ach und David, auch, wenn ich es im Moment noch gar nicht wirklich wertschätzen kann,

vielen Dank für das Gespräch!“

David lächelt ihn liebevoll an und blickt Henry noch nach, bis er hinter der Tür verschwindet,

dann lehnt er sich zurück, genießt einen Schluck Wein und schmunzelt, weil er weiß, wie sich

Henry jetzt fühlen muss. Ihm erging es früher oft ähnlich. Allerdings hatte er nie so eine

heftige Dosis an Erkenntnis in so kurzer Zeit bekommen, wie sie heute Henry bekam.

„Es ist schon hart, wenn es, von jetzt auf gleich, den Anschein hat, dass man den Boden, auf

dem man steht, unter sich verliert. Aber je eher der Mensch den Lug und Trug durchschaut,

desto besser. Wie heißt es doch so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken

ohne Ende.

Er hat jetzt vom Schicksal eine neue Chance bekommen, sich zu öffnen, seine alten

Glaubensmuster zu durchbrechen und neues Wissen aufzunehmen, um die GÖTTLICHE

Schöpfung ein bisschen mehr zu verstehen.

Vielleicht wird es sie nutzen, vielleicht auch nicht.

Ich bin mal gespannt auf unser nächstes Gespräch!“, denkt sich David im Stillen.

 

Der Schöpfungsschlüssel Band 1
„Wer das Chaos sieht, hat die Ordnung noch nicht erkannt!“
Schoepfungsschluessel_Band_1.pdf
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Der Schöpfungsschlüssel Band 2
„Die Heiligkeit eines Menschen zeigt sich nicht in seinem Wissen oder in seinen Fähigkeiten, sondern in der geringst möglichen Anzahl seiner Feindbilder!“
schoepfungsschluesselband2.pdf
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Das neue Album "ALCHEMIST"

http://alchemist.kilezmore.de/

Solar X-Rays:
StatusGeomagnetic Field:
StatusVHF Aurora:
VHF Aurora Status

Was keiner wagt,

das sollt ihr wagen.

Was keiner sagt,

das sagt heraus.

Was keiner denkt,

das wagt zu denken.

Was keiner anfängt,

das führt aus.

Wenn keiner ja sagt,

sollt ihr’s sagen,

wenn keiner nein sagt,

sagt doch nein.

Wenn alle zweifeln,

wagt zu glauben.

Wenn alle mittun,

steht allein.

Wo alle loben,

habt Bedenken,

Wo alle spotten,

spottet nicht.

Wo alle geizen,

wagt zu schenken.

Wo alles dunkel ist,

macht Licht.

„Ich ehre in dir den

göttlichen Geist,

den ich auch in mir selbst ehre –

und ich weiß,

dass wir somit eins sind.“

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